Trucker-Tagebuch: „Wer eine Warnweste trägt, gehört dazu!“

Tag 6 Lisa kocht Eierspeise

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Wir fahren um 1:40 Uhr. Ich habe mittlerweile kein Zeitgefühl mehr, ich stehe dann auf, wenn Truckerboy sagt und lasse mir im Halbschlaf wie jeden Morgen den dreifachen Espresso in die Hand drücken.

Nachts

Obwohl ich mir eigentlich am Anfang der Woche vorgenommen habe, mich vollkommen an Truckerboys Rhythmus anzupassen, nur dann zu schlafen, wenn er es tut, um seinen Arbeitsalltag, die körperliche und nervliche Belastung authentisch erleben zu können, scheitere ich heute kläglich.

Ich bin wohl keine halbe Stunde munter, als ich mich schon nach hinten legen muss und fast die ganze erste 4 ½-Stunden Fahrschicht verpenne. Nur wenn er abrupt bremst, wache ich kurz auf, merke, dass er wieder mit G. telefoniert, der wie immer seine Lebensweisheiten zum Besten gibt: „Das angenehme am Stau ist, dass man da Busen schauen kann…. da ist eh schon wieder einer!“ Als die Sonne aufgeht, werde auch ich ein bisschen munterer. Die Lichtstimmung ist schon sehr toll. Truckerboy sagt, das gleicht viel aus. Die schönen landschaftlichen Dinge, die man sieht. Auch heute ist alles beeindruckend, die Wintersonne, der Nebel.

Romantisch gehen wir in Henkersberg gemeinsam aufs Klo. Und dann sind wir plötzlich in Oberösterreich. Das ist für meinen Geschmack und mein Gefühl für Zeit und Distanz viel zu schnell gegangen. Wie immer, wenn ich die Grenze zu meinem alten Daheim passiere, liegt mir unsere Landeshymne „Hoamatland“ auf der Zunge.

Morgenstimmung im LKW

Am Vormittag

Gegen 11 treffen wir bei unserer Entladestelle in Wels ein. Wie immer sind auch dort alle überfordert und haben nicht wirklich einen Plan. Einziger Unterschied zu England ist, dass ich hier alles verstehe, was der Lagerleiter schreit.

Was ihn mehr anpisst, ist nicht klar ersichtlich: Dass er keine Ahnung hat, wo sich die Staplerfahrer alle rumtreiben, oder dass ihm Truckerboy eröffnet, dass ihre Ware mit all dem anderen Zeug, das wir aus England mitgebracht haben, durchgemischt ist. Sie dürfen also alles abladen, das, was für sie bestimmt ist, selektieren und den Rest wieder einladen.

Er sagt, wir sollen in einer Stunde wiederkommen. Wir zucken nur mit den Schultern, es ist nicht unser Problem. Wir machen das, was wir immer tun: aufs Klo gehen, Kaffee kochen, Eierspeise essen und rauchen.

Nach einer gefühlten Ewigkeit an der Rampe frage ich Truckerboy, ob sich da jetzt endlich mal was tut, da hinten. „Nein, nix tut sich da, wenn die zu entladen beginnen, das spürst du, glaub’s mir!“, sagt er schulterzuckend und schläft weiter.

Ich schmeiße mich in meine Warnweste und suche den Kontakt zu Mitarbeitern, in der Hoffnung irgendjemand erzählt mir etwas. Ich sitze mit zwei Staplerfahrern in der Raucherecke in der Sonne, niemand schaut mich mehr komisch an. Wer eine Warnweste trägt, gehört dazu. Reden will allerdings auch niemand mit mir. Jeder raucht nur stoisch und geht dann wieder seiner Wege.

Ein Anruf von Truckerboys Disponenten rettet uns den Tag, wir dürfen jetzt doch alles, was wir geladen haben hierlassen, die ganzen 23 Tonnen, es muss nichts getrennt werden, wir machen keine zweite Entladestelle mehr. Wir sind fertig, es ist vorbei.

Nach über drei Stunden herumsitzen machen wir uns wieder auf den Weg, hinter uns ein leerer Trailer, vor uns die Berge, der Traunstein glüht in der spätnachmittäglichen Wintersonne, in einer halben Stunde wird es schon wieder dunkel werden.

Am Abend

Wir wollen einen Wirten. Mit einheimischer toller Kost. In der Nähe, mit einem Parkplatz, denn natürlich geht uns die Fahrzeit schon bald wieder aus. In einem Kaff in der Nähe von Vorchdorf werden wir fündig. Der Wirt ist nett, erlaubt uns auch über Nacht im Hof stehen zu bleiben und dort  Pause zu machen. Und dann stehen wir in einem klassischen oberösterreichischen Landwirtshaus an der Bar und trinken ein großes Bier. Es ist irgendwie ein seltsamer Kulturschock. Das Eggenberger Bier, der Raiffeisenaschenbecher, neben uns der Dorfjäger, der dem Wirten von seinen Problemen mit dem neuen Hochstand erzählt, sich Partezettel zeigen lässt. Wir bestellen Schnitzel und Blutwurst, mehr Bier.

Pause beim Wirt

Es ist urig, nett, ein Nach-Hause-Kommen in jeglicher Hinsicht. Wir bestellen ab jetzt nur noch kleine Bier und freunden uns mit den Männern vom Stammtisch an. Natürlich wissen sie, dass der LKW vor der Tür zu uns gehört, sie sind neugierig, stellen viele Fragen, über die Route, die Ladung, den Job allgemein. Wieder, wie ich da eigentlich dazu komme. Ob das nicht unglaublich mühsam ist, für eine Beziehung, wenn einer so viel unterwegs ist beruflich. Das ist nichts, was ich mit fremden Stammtischmännern diskutieren möchte, darum sage ich nur: „Alles geht, wenn man sich mag.“

Stammgaeste beim Wirt

Truckerboy hat mich schon vor ein paar Tagen gefragt, ob ich nicht einfach nächste Woche noch einmal mitkommen möchte. Ich wäre wirklich versucht, ja zu sagen.

Ihr wollt die ganze Reise nachlesen? Do it!

#1 Prolog: Die Truckerbraut: Viertausendundzehn Kilometer

#2 Tag 1: Mit dem LKW von Salzburg nach Wales und zurück

#3 Tag 2: „Ums Verrecken könnt ich keine Tiere durch die Gegend fahren!“

# 4 Tag 3: “Jetzt wartets. I muss mi konzentrieren. Jetzt kommen die Nutten!“

# 5 Tag 4: „Weißt, ich bin ja echt einiges gewohnt. Aber das war die ekelhafteste Dusche meines Lebens!“

# 6 Tag 5: „Das machen sonst nur die im Uboot!“

#7 Tag 6: “Wer eine Warnweste trägt, gehört dazu!”

Die Fotos wurden von der Autorin zur Verfügung gestellt.

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