Home Story: Selbstständiges Wohnen – Projekt „Meinzuhaus“ im Stadtteil Riedenburg

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Wo wohnt man, wenn man kein Zuhause hat?

Wasuns an den Home Stories so begeistert, sind nicht (nur) die superstylischen Einrichtungen, sondern vor allem die Geschichten, die dahinter stehen. Wie leben Salzburger*innen ihr Leben? Mit wem? Und wie schaut es dort aus, wo sie sich wohl und sicher fühlen? Einen kleinen Einblick ins Leben von Herrn Eder und Frau Hofstätter brachte uns der Besuch im Meinzuhaus im Stadtteil Riedenburg.

„Mir tut es ein bisschen weh, dass ich ausziehen muss“, sagt Herr Eder. Zwei Jahre verbrachte er im Meinzuhaus, Anfang August hat er es geschafft, in eine eigene Wohnung zu ziehen. Warum Herr Eder im Meinzuhaus gelandet ist, hat einige Gründe. Viele Fehler habe er gemacht in seinem Leben. Und als er schließlich gar nicht mehr wusste, wie es weitergehen soll, ergab sich die Möglichkeit, ins Meinzuhaus zu ziehen.

Ein Zuhause für drei Jahre

Meinzuhause, erklärt uns Isabella Gugg, einer der beiden Betreuungspersonen vor Ort, ist selbstständiges Wohnen auf Zeit, mit Unterstützung – falls sie benötigt wird. Es ist ein Wohnhaus für Personen, die von Wohnungslosigkeit oder Obdachlosigkeit betroffen sind, die kurz vor der Delogierung stehen, die aus Klinik oder aus Haft kommen. Bis zu drei Jahre lang können Bewohner*innen bleiben. In dieser Zeit haben sie Zugang zu Hilfe und können ihr Leben neu sortieren. Insgesamt umfasst das Haus 55 Wohneinheiten, für Männer und Frauen. Die Garçonnières sind 21 qm² oder 24 qm² (barrierefrei) und die Miete beläuft sich pro Monat auf 335 Euro.

Herr Eder im Garten von Meinzhaus: Sitzmöglichkeiten, ein kleiner Gedenkbaum für verstorbene Bewohner*innen und Bienenstöcke von Bienenlieb.

„Ich habe gelernt, dass ich viel mehr Mensch bin, als ich gedacht habe. Das hat mich aufgebaut. In drei Jahren kann man viel bewältigen, viel schaffen. Und mir ist viel geholfen worden.“

Lieblingsplatzerl im Meinzuhaus gebe es für ihn keine, sagt Herr Eder. Viel mehr sei es ein Gefühl, die Menschlichkeit, mit der ihm hier begegnet wurde und die angebotene Hilfe. „Einen Teil meiner Kindheit habe ich im SOS Kinderdorf verbracht“, erzählt er. Als Kind habe man ja nicht gewusst, was man zu erwarten habe, aber schön war es nicht. „Es ist viel passiert in meinem Leben und jetzt bin ich an dem Punkt, an dem ich eine Wohnung gefunden habe, aus der ich nie mehr rauswill. Ich will nicht mehr siedeln.“

Leider durften wir keine Wohnungen fotografieren, allerdings gibt’s die unbewohnten Starterfotos auf der Webseite von Meinzuhaus. Schaut bissi aus wie im Studiheim.

In seiner Zeit im Meinzuhaus konnte er viel Struktur schaffen, lernen, wie man mit Geld umgeht und Prioritäten setzt. „Du kriegst das Geld und zahlst die Miete, das behalte ich mir bei“, sagt Herr Eder. Die letzten beiden Jahre haben aber auch etwas mit seinem Selbstverständnis gemacht: „Ich habe gelernt, dass ich viel mehr Mensch bin, als ich gedacht habe. Das hat mich aufgebaut. In drei Jahren kann man viel bewältigen, viel schaffen. Und mir ist viel geholfen worden.“

Im Aufenthaltsraum von Meinzuhaus haben wir nicht nur Herrn Eder, sondern auch Frau Hofstätter getroffen. Sie kommt gerade von der Arbeit im Carla. Wie ihre Wohnung eingerichtet ist? „Bei mir ist alles sehr genau, ich bin pedantisch“, lacht Frau Hofstätter. Sie mag es, wenn alles seinen Platz hat. Vielleicht genau deshalb, weil sie acht Kinder großgezogen hat.

Als der Kleinste das Haus verlassen hat, packte sie ihre Handtasche und verließ ihren Mann. Darauf folgten zehn Tage, die sie im Wald verbrachte. „Meinen Kindern habe ich von meinem Vorhaben nichts erzählt, sie hätten es mir ausreden wollen“, ist sich Frau Hofstätter sicher.

Wenn sie jetzt an die Zeit im Wald zurückdenkt, empfindet sie es als ein reinigendes Erlebnis. „Nach all den Jahren als Mutter und Ehefrau musste ich erst einmal zu mir finden, mir überlegen, was ich will und wie ich es kriege.“ Danach ging es für einen Monat in ein Obdachlosenheim und gleich darauf ins Meinzuhaus. „Ich habe wirklich Glück gehabt, dass es so schnell ging.“

Was sie am Meinzuhaus mag?

„Ich fühle mich sehr wohl hier, ich bin ums Eck aufgewachsen. Und wenn ich nicht müsste, würde ich hier nicht ausziehen“, sagt Frau Hofstätter. Pläne für die Zeit nach ihrer Zeit im Meinzuhaus gibt’s noch keine, aber es sei schon viel weitergegangen seit dem Einzug. „Ich habe mich mein ganzes Leben nur um die Kindererziehung gekümmert. Mein Mann hat alles Finanzielle und alle Anschaffungen ürbig gehabt. Wenn ich etwas für die Kinder oder mich gebraucht habe, habe ich ihn gefragt. Ich musste lernen, wie man Strom anmeldet und wie man Geld verwaltet. Das war alles neu für mich.“ Im Meinzuhaus hat sie Strategien entwickelt, um ihr Leben zu organisieren.  Und einen sehr strikten Finanzplan. „Und ich bin nicht mehr so charmant wie früher, sagen zumindest meine Kinder“, lacht Frau Hofstätter. Mittlerweile ist sie so selbstbewusst, dass ihr Spruch ist: Geht nicht, gibt’s nicht. So hat sie eine Arbeit gefunden, sich eine gemütliche Wohnung eingerichtet und findet Schritt für Schritt in das Leben, das sie möchte.

Die Wasch- und Trockenräume befinden sich im Keller.

Ein Ort zum Zu-sich-Kommen: Welche Räume es im Meinzuhaus noch gibt

Gemeinsam mit Isabella durften wir uns das Haus anschauen. Ihr habt bereits Fotos von den Waschmaschinen, dem Garten und dem Gang gesehen. Erwähnenswert ist, dass es im Haus einen eigenen Frauenbereich gibt, der für Männer nicht zugänglich ist (außer auf Wunsch zu Besuch). Hier befinden sich 10 Einzelwohnungen, mit der Möglichkeit zwei Wohneinheiten durch Öffnung einer Zwischentüre zusammen zu legen, für Mütter mit Kindern. Im Erdgeschoß befindet sich das Büro von Isabella und ihrem Kollegen, gleichzeitig der Ansprechort für Bewohner*innen mit Fragen oder Problemen.

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