Rant: 10 Dinge, die ich am Radfahren in Salzburg hasse

Vor ein paar Monaten habe ich entschieden, das Auto abzugeben und das bereits davor viel genutzte Fahrrad als alleiniges Transportmittel zu nutzen. Was seitdem geschah: Viele gute Momente, aber leider auch ganz viele schlechte. So viele, dass ich beim Vorbeifahren jedes Mal Wutflecken bekomme, wenn irgendwo eine halblustige Plakatwand von der Fahrradhauptstadt Salzburg schwärmt. Mag ja sein, dass dieser Eindruck entsteht, wenn sich der eigene Radradius auf die samstägliche Fahrt aus dem Bonzenviertel in die Altstadt beschränkt. Für Menschen, die wie ich im verkehrsbelasteten Norden der Stadt wohnen, ist das Fahrradfahren in Salzburg aber vor allem eines: gefährlich. Und zwar umso mehr, wenn hinten ein Kleinkind sitzt, das gerne seine Kindergartenzeit überleben würde. Hier kommen die Top-Ten-Nervensägen-Sachen beim Radfahren in Salzburg.

#1 Autos, die auf Radstreifen parken

Vorab: Ich habe grundsätzlich überhaupt nichts gegen Autofahrer*innen und finde das gegeneinander Ausspielen der Verkehrsmittel dämlich. Menschen in Autos sind in den meisten Fällen genauso wie Menschen auf Fahrrädern Leute, die von A nach B gelangen wollen, ohne dabei jemanden zu töten. Trotzdem eine dringliche Bitte an alle Aufofahrer*innen: Hört endlich auf, mit euren Kisten die Fahrradstreifen zuzustellen. Es ist zwar nicht eure Schuld, dass Salzburgs Verkehrsplanung unfähig ist, baulich abgetrennte Radwege zu errichten. Trotzdem sind die weißen Streifen am Straßenrand nicht für euch gemacht. Es ist nämlich so: Euch gehört der riesengroße Fahrstreifen in der Mitte. Für alle Fahrradfahrer sind die ca. 90 Zentimeter am Rand vorgesehen. Das gilt auch, wenn ihr am Weg in die Arbeit nur schnell in der Apotheke etwas abholen wollt, der kleine Leopold nur schnell zum Cello-Unterricht muss oder ihr ein Fucking-Paket abliefert. Klingt einfach? Scheinbar nicht: Absolut jeden Tag muss ich mich an mindestens einem (Liefer-)Auto vorbeiwuaschteln, das wieder mal „nur ganz kurz“ den Fahrradstreifen als Parkplatz nutzt. Saunervig. Vor allem, wenn auf der Straße nebenbei die LKWs vorbeidonnern und man als Radfahrerin once again in die Warterolle gedrängt wird. Abgesehen davon: Liebe Lieferant*innen, ihr seid Held*innen und die Menschheit verbringt einfach zu viel Zeit mit Online-Shopping. Aber das ist eine andere Geschichte.

#2 Radstreifen, die ins Nichts führen

Was ist schlimmer als ein zugeparkter Radstreifen? Genau: Ein Radstreifen, der ins Nichts führt.  Das passiert ganz gern in Gnigl (Nähe S-Bahn-Haltestelle), aber auch bei der Brücke Eichstraße und an ganz vielen anderen Orten. Ein besonders dickes Bussi an alle Salzburger Verkehrsplaner*innen mit Hang zum Menschenhass geht auch an die Konstruktion beim Borromäum, wo man, um am Radweg zu bleiben, die Straßenseite wechseln muss. Oder die Situation in der Mertensstraße zwischen Jazzit und Elmokino, wo der Radstreifen schon rein theoretisch nicht befahrbar ist, weil die Fahrspur für einen dicken SUV einfach zu eng ist. Genial! Leute, ihr müsst diesen Job nicht machen, wenn ihr ihn nicht mögt.

#3 E-Scooter-Fahrer*innen

Sie sind so leise, aber auch so schnell. Die E-Scooter-Fahrer*innen, mit denen ich mir den Radstreifen neuerdings immer öfter teilen darf, überholen wie Ninjas: lautlos. Optional auch mit einer Tschick, mit Energydrink oder Handy in der Hand. Hate to break it: Es sieht nicht nur peinlich aus, es ist auch richtig gefährlich. E-Scooter sind sicherlich eine wertvolle Ergänzung im Mobilitätsmix der Zukunft. Aber nicht, wenn man sich darauf wie ein Irrer benimmt. Leute, eure Kinder brauchen euch lebend.

#4 Essenslieferant*innen am Rad – mit einer offensichtlichen „Mir alles scheißegal“-Einstellung

Auch hier gilt wieder: Liebe Essenslieferant*innen, ihr leistet Großartiges und es ist nicht eure Schuld, dass neuerdings niemand mehr sein Essen selber abholen will. Aber: Haltet euch an die scheiß Verkehrsregeln! Selten solche krassen Regelverstöße gesehen, wie bei Essenslieferant*innen, die ein Zeitziel einzuhalten haben. Falsche Straßenseite, vieeel zu schnell, einfach ohne zu schauen in die Kreuzung einbiegen, am Gehsteig fetzen – whatever. Und weil auch diese Räder mit E angetrieben werden, muss man sich eigentlich sofort zurückziehen und dem Geschehen freien Lauf lassen. Es ist so: Wir alle fanden mal diese Videos cool, in denen Fahrradkuriere auf Fixies durch den New Yorker Stadtverkehr glühen. Aber let’s face it: Salzburg ist nicht New York. Ihr sitzt nicht auf einem Fixie sondern auf einem knallbunten Fahrrad eines ausbeuterischen Kackkonzerns und in der Ignaz-Harrer-Straße mit Genickbruch zu verbluten ist das Mittagessen von Jusstudent Justus einfach nicht wert.

 

#5 Die sauengen Radstreifen auf der rechten Salzachseite

So schön, so gefährlich. Jedes Mal, wenn ich die Stelle unter der Staatsbrücke und unter der Karolinenbrücke unversehrt passiert habe, fühlt es sich an wie eine Wiedergeburt. Viel zu enge Radstreifen in Kombi mit vermehrtem Einsatz von breiten Lastenrädern und Anhängern (und natürlich mittelguten, viel zu schnellen Radfahrer*innen) machen die Befahrung für alle spannend. Ja, wir wissen, die Radwege an der Salzach waren für Salzburgs Stadtpolitik mal der große Wurf. Das war auch die Entdeckung des Penicilins irgendwann mal. Aber die Zeiten haben sich geändert. Jetzt ist 2022 und wir brauchen: Mehr, Breiter, Besser, Sicherer. Also, nicht so viel in die Kamera grinsen, sondern an die Arbeit bitte!

#6 (E-Bike &) Radfahrer*innen mit Noise Cancelling Headphones

Man stelle sich vor: Ich steige morgens auf mein neues, schickes, extrem teures E-Bike, dessen Top-Speed meine eigene Reaktionsfähigkeit ums Doppelte übersteigt und denke mir dann beim Öffnen des Garagentors: Wie könnte ich diese Situation für alle noch geiler und gefährlicher gestalten? Die Antwort ist einfach: Ich setze meine Noise Cancelling Headphones auf und klemme mir das Smartphone an die Lenkstange. Kann man machen, vor allem, wenn man jung sterben und für den Abgang mit Pauken und Trompeten noch ein paar andere mitnehmen will. Oder man lässt es.

#7 Diese schreckliche Strecke an der Sterneckstraße

Den Jackpot hat, wer die Sterneckstraße seine Tour de Jour nennen darf. Dieser halbschwindlige blutrote Radstreifen in der Mitte der stark befahrenen Straße ist jedes Mal wieder eine Ode ans Leben – vorausgesetzt, man behält es. Überforderte Autofahrer*innen (aus Stadt, Land oder Braunau) und LKW-Fahrer*innen wechseln die Streifen, wie es ihnen gefällt. Die Aufgabe der*des Radfahrer*in ist es, in die Zukunft zu schauen – und zu erahnen, welche Kurzschlussreaktionen in den nächsten Momenten anstehen. Aber man hat ja eine Alternative. Eine Seitengasse führt bei der Fuxn über den Hans-Lechner-Park – leider mit einer Querung der komplett irre befahrenen Vogelweiderstraße – ohne geregelten Übergang. Übrigens ein guter Grundsatz-Tipp für die Fahrradhauptstadt: Man suche sich Ausweichrouten, an denen man nicht permanent in Lebensgefahr ist.

 

#8 Der Fußgänger/Radfahrer-Anarchismus in z. B. der Linzer Gasse

Darf man hier Rad fahren? Darf man hier nicht Rad fahren? Man weiß es nicht so genau. Wer sich trotzdem traut, den Menschenslalom durch z. B. die Linzer Gasse anzutreten, wird sich freuen über gleich einige Beschimpfungen. Da helfen die ganzen „Bitte-seid’s-lieb-miteinander“-Schilder auch nix. Die sind eh lustig und haben sicher eine Werbeagentur reich gemacht. Man könnte das aber auch einfach gesetzlich regeln und klar kommunizieren.

#9 Kaputte Servicestationen

Der Klassiker: Man will am Sonntag das Rad an der Servicestation im Schloss Mirabell aufpumpen. Leider ist dort die Druckluft kaputt. Ein Schild verweist zum Glück auf die benachbarte Servicestation im Amtsgebäude bei der Faberstraße. Das natürlich am Sonntag – wir ahnen es – geschlossen ist. Ein kaputter Standort mehr und es wird eine Schnitzeljagd draus. An dieser Stelle übrigens ein dankbares Shoutout an die Leute vom Radspezl beim Borromäus-Point, ein großes Herz fürs Helfen beim Radaufpumpen, wenn die kaputte Servicestation wieder mal die gesamte Luft aus unseren Rädern gezogen hat. 

 

#10 Ein Traum: Staustehen mit Rad

Die schönste Zeit ist die, die ich neben/hinter Autos verbringe, die auf irgendeiner x-beliebigen Salzburger-Straße ohne gscheiden Radstreifen im Stau stehen. Da hat man Zeit, nachzudenken, über sich und das Leben, während man die Abgase der Autos inhaliert und wartet, bis es weiter geht. Die Alternative: Am Gehsteig fahren. Darf man eigentlich nicht – und schon ist er da, der Start in die kriminelle Laufbahn.

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