Früher war ja bekanntlich alles einfacher. Das gilt auch fürs Bier: Das wurde nämlich meist in Halben gesoffen und Gewinner war der, der sich die meisten Humpen in den Ranzen schütten konnte. Diese Tage sind vorbei, denn mittlerweile wird Bier in Weinflaschen serviert, aus Bordeauxgläsern getrunken und zu Goldbarren-Preisen verkauft. Steht die Welt am Kopf? Nein, Salzburg wird vom Craft Beer beglückt. Als blutige Anfänger in Sachen Bierkultur haben wir uns auf einem Spaziergang durch die Salzburger Craft Beer-Szene getestet. Und damit auch für euch etwas drinnen ist, haben wir eifrig Klugscheißer-Wissen aus der Branche zusammengestellt.
Bevor wir starten: Was ist Craft Beer?
Die neu entdeckte Liebe zum Allerweltsgetränk Bier kommt aus den Vereinigten Staaten: Bis in die siebziger Jahre waren die USA im Vergleich zu Europa ein „Bier-Entwicklungsland“. Das hat sich dramatisch geändert: Jetzt tüfteln Bier-Nerds und Brau-Punks im eigenen Keller an nie dagewesenen Rezepturen und haben das ehemalige Langweiler-Getränk in alle Munde gebracht. Die Craft Beer-Welle hat auch Europa überrollt und unterstützt nun tapfer den hiesigen Biermarkt bei der Bekämpfung von Aperol und Apfelsaft. Genug Theorie? Dann auf in die Praxis:
Station 1: Stieglitz
Wir starten unseren Spaziergang in der Stiegl-Brauwelt – genauer gesagt im Stieglitz. Die Salzburger Traditionsbrauerei Stiegl ist mit ihren Hausbieren eigentlich sehr früh in die Craft Beer-Szene eingestiegen und dort auch geblieben: Im Stieglitz in der Maxglaner Brauerei kann man die Eigenkreationen und beachtliche Biere aus aller Welt kaufen und verkosten.
Du bestellst nüchtern: Raging Bitch
Das ist: ein IPA (Indian Pale Ale) der frechen Kult-Marke „Flying Dog“
Das schmeckt: ziemlich bitter!
Fun Fact: Für den extremen Geschmack sorgt hier der Hopfen. Ohne Hopfen würde Bier eher süß und irgendwie „brotig“ schmecken – es ist ja aus Getreide. Je mehr Hopfen man ins Bier gibt, desto frischer und bitterer wird es. Hopfige und erfrischende Biersorten sind zum Beispiel Pils, Pale Ales und Lagerbiere.
Station 2: Müllnerbräu
Noch ziemlich nüchtern geht’s weiter ins Müllnerbräu. Ihr erreicht nach circa 15 Minuten mit neu erwachtem Durst das Müllnerbräu. Die Klosterbrauerei war schon eine Micro-Brewerie, als es dafür noch keinen eigenen Namen gab und ist es bis heute geblieben. Hier wird per Hand eingebraut und das seit 1516. Wer seiner Linie treu bleibt, hat etwas Aufmerksamkeit verdient. Deshalb nehmen wir die alte Dame in diesem Spaziergang mit.
Du bestellst entspannt: Eine Halbe „Märzenbier“ aus dem Steinkrug
Das schmeckt: ziemlich gut verträglich, nicht zu bitter, nicht zu süß. Ein Kompromissbier.
Fun Fact: Früher war Bierbrauen im Sommer wegen der Hitze und Brandgefahr verboten. Das letzte Bier des Jahres wurde deshalb im März gebraut – daher der Name Märzenbier. In Österreich ist Märzenbier sozusagen das „Standardbier“ des Landes. Das was du normalerweise als „bitte ein normales Bier“ bestellst, ist also meistens ein Märzenbier.
Station 3: Trumerei
Weiter geht’s mit leichtem Damenspitz nach Lehen in die Trumerei. Der ehemalige Scherbenviertel Lehen mausert sich ja immer mehr zum Hipsterbezirk. Das hat auch die Brauerei Trumer erkannt und vorsorglich mal ihr Revier markiert. In der Trumerei beim Salzburger Stadtwerk bekommt man jede Menge Craft Beer.
Du bestellst gut gelaunt: Ein Chocolate Porter der Londoner Meantime Brewing Company
Du schmeckst: Das Bier schmeckt nach Karamell und schokoladig.
Fun Fact: Hier macht sich nicht der Hopfen, sondern das stark geröstete Malz bemerkbar, also das geröstete Getreide, aus dem jedes Bier besteht. Je mehr geröstet wird, desto dunkler ist das Bier. Das Meantime Porter wurde außerdem mit Schokolade verfeinert.
Station 4: Alchimiste Belge
Gut bedient geht’s weiter zum Belgier. Der Alchimiste Belge war vor ein paar Jahren Salzburgs erste Bar, die Bier und Sortenvielfalt zur Hauptsache erhoben hat. Damit war er so erfolgreich, dass mittlerweile zwei Bars und ein Standort in Guggenthal betreiben wird.
Du bestellst lallend: Das Trappistenbier Chimay Bleu
Das schmeckt: Ausgewogen, aber ziemlich stark, immerhin hat es 9% Alkohol.
Funfact: Trappistenbiere dürfen sich nur jene Biere nennen, die in Klostern der Trappistenmönche hergestellt wurden. Trappistenbiere sind meist ziemlich stark. Der Erlös muss immer sozialen Zwecken zugute kommen – du tust also irgendwie Gutes während du trinkst… können auch nicht viele behaupten.
Damit sind wir am Ende unseres Spaziergangs angekommen. Und jetzt? Entweder schwankend den Heimweg antreten oder die ganze Nacht weiter machen. Wer auf den Geschmack gekommen ist, kann bei einer Verkostung mehr über Craft Beer erfahren – zum Beispiel beim Belgier.