Tausche Sommer gegen ewige Finsternis

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Über eine Stunde sind wir durch die Scheukofen-Höhle ins Innere des Hagengebirges spaziert, gekrochen und geklettert. Nur um danach ein Bier genießen zu können. Am Ufer eines schicksalsträchtigen Sees.

Fotos: Jasmin Walter Photography

Eigentlich gibt es immer einen guten Grund in eine Höhle zu gehen. Im Sommer ist es drinnen schön kühl, im Winter relativ warm. Wenn es regnet ist es halbwegs trocken und wenn die Sonne alles in gleißendes Licht taucht, ist es schön dunkel. Wahrscheinlich waren dies auch die Bewegpunkte, die unsere Vorfahren in grauer Vorzeit ihre Quartiere dort aufschlagen ließen. Aber auch, als Homo sapiens schon versiertere Unterkunftstechnologie zur Verfügung hatte, faszinierten Höhlen die Menschheit. Die Emotionen der Zeitgenoss*innen bewegen sich heute zwischen klaustrophobischer Angst und der Geborgenheit des Mutterleibes. Naja, und nachdem es Höhlen um Salzburg zuhauf gibt liegt die Idee nah, sich mal eine kurze Zeit unter Tage zu gönnen.

Unser Ziel ist die Scheukofen-Höhle am Pass Lueg. Die Höhle ist ziemlich bekannt und hat eine bewegte Geschichte. Schon der gute, alte Erzherzog Johann hat sich einen Besuch nicht nehmen lassen. Auf diesen adeligen Spuren wandern wir ganz und gar nicht idyllisch durch das Betriebsgelände eines Steinbruchs bis zum imposanten Eingangsportal. Zwar ist es hier bereits merklich kühler, lange Hose und Regenjacke fühlen sich jedoch ganz schön deplatziert an. Der Name „Scheukofen“ kommt übrigens von „scheukig“, was so viel wie schrecklich bedeutet. Kein Wunder, denn angeblich lauern unter anderem hier Jungfrauen, die Schatzsucher ins Verderben locken, ein Berggeist mit feurigen Hunden sowie eine Schlange mit goldener Krone.

Von denen ist derweil nichts zu sehen und die ersten Meter sind genau, wie wir uns das vorgestellt hatten: Große Gänge, an deren Decken Millionen Wassertropfen schimmern. Bereits 1650 wurde seitens der Salzburger Behörden Nachforschungen betrieben, da sich herumgesprochen hatte, dass die Höhle von so manch verdächtigem Subjekt zu so manch verdächtiger Verrichtung aufgesucht wurde. Auch unserer Unternehmung haftet der Hauch von etwas Verbotenem an. Nach ein paar Minuten ändert sich der Charakter schlagartig. Unser erfahrener Begleiter Hardy weist den Weg in einen unscheinbaren Schlund: 20 Meter geht es hinab durch einen engen Spalt. Halb auf dem Bauch kriechend halb kletternd schieben wir uns Meter für Meter hinunter. Zum Glück bieten die Lichter von fünf Stirnlampen genug Orientierung. Wir sind nun vollständig in die unterirdischen Parallelwelt eingetaucht. Das Zeitgefühl haben wir weitgehend verloren und das Raumgefühl ist ein wenig beklemmend und erhaben zugleich. Eigenartig, wie wohl man sich in so einer lebensfeindlichen Umgebung fühlen kann.

Kriechen, Quetschen, Ducken, Robben, Kraxeln und Verlust der Zeitwahrnehmung 

Anschließend schieben wir uns balancierend an zwei kleinen Seen vorbei. Ungefähr hier muss um 1790 ein junger Metzgergeselle aus Hallein mit dem Kopf stecken geblieben und verendet sein. Nur eines von vielen Opfern der Höhle. Neben den Knochen von Höhlenbären fanden sich wohl immer wieder auch menschliche Gebeine. Wahrscheinlich die sterblichen Überreste von Abenteuerlustigen und Schatzsuchern, die wegen der als Medizin begehrten „Bergmilch“ oder zum Absägen der eindrucksvollen Tropfsteine in die Höhle gekommen waren. Zwar sind wir hier erst knapp 100 Meter vom Eingang aber das Ambiente ist ziemlich ernst: Ein verstauchter Knöchel oder noch schlimmer der Ausfall der Leuchtquelle können hier verheerende Folgen haben. Bedenkt man nun, dass vor Jahrhunderten die Leuchtquellen weniger zuverlässig waren als unsere LEDs kann man sich gut vorstellen, dass ein armer Teufel nach Ausfall seiner Laterne noch tagelang in der Höhle umherirrte bis er letzendlich abstürzte oder verhungerte.

Nach einer weiteren halben Stunde Kriechen, Quetschen, Ducken, Robben und Kraxeln wird die Höhle endlich wieder geräumiger. Wir steigen hinab durch eine imposante Halle. Mächtige Kalkablagerungen wirken wie versteinerte Wasserfälle. Leider wurden hier über die Jahrhunderte zahlreiche Tropfsteine beschädigt und abgesägt. Angeblich stammen auch die Tropfsteine der Helbrunner Wasserspiele aus dieser „Großen Tropfsteinkluft“.

„Wer weiter möchte, braucht eine Taucherausrüstung oder eine leistungsstarke Abpumpanlage“

Steil geht es, teilweise an Seilen, hinab immer tiefer ins Hagengebirge hinein, bis wir am Ufer des „Großen Sees“ stehen, dem Endpunkt unserer „Höhlenfahrt“ wie man derartige Ausflüge im Fachjargon nennt. Das Idyll des leuchtend blauen, unterirdischen Sees wird jedoch erheblich beeinträchtigt von großformatigen Wasserrohren und einer leichten Dieselnote in der Luft. Zuende ist der Scheukofen hier noch nicht. Wer jedoch weiter möchte, in das unberührte Hinterland der Höhle braucht eine Taucherausrüstung oder eine leistungsstarke Abpumpanlage sowie eine Genehmigung der Landesregierung. Am Ufer erinnert eine Gedenktafel an ein Unglück, das sich hier vor über 40 Jahren zugetragen hat: Beim Durchtauchen des 45 Meter langen Siphons verklemmte sich ein Taucher in einem Blocklabyrint und schaffte es nicht mehr, sich zu befreien. Sein Begleiter versuchte ihm bis zum letzten Atemzug zu helfen und schaffte es anschließend nicht mehr aufzutauchen. Im Zuge der groß angelegten Rettungsaktion wurde der See mithilfe der Wasserleitungen und einer Pumpe trocken gelegt.

Ein trauriges Kapitel des Scheukofens, das demonstriert, wie tückisch Höhlen sein können. Zeit für uns, das Licht auszumachen. In vollständiger Dunkelheit teilen wir ein kühles Bier, bevor wir uns auf den Rückweg machen. Nach zwei Stunden bei angenehmen 8° Celsius erschlägt uns die schwüle Hitze förmlich. Mittlerweile ist draußen die Nacht hereingebrochen, sodass die Erleichterung, wieder wohlbehalten draußen zu sein, nicht allzu ausgeprägt ist. Das Abenteuer hat Lust auf mehr gemacht. Ich bin im Hinblick auf Höhlen offensichtlich eher der „Geborgenheit des Mutterleibes“-Typ.

Hinweis:

Eine mehrstündige „Höhlenbefahrung“ sollte man als Neuling auf keinen Fall ohne fachkundige Begleitung in Angriff nehmen. Das Gefährdungspotential ist umfassend und reicht vom Absturz, über Verlaufen bis hin zum plötzlich ansteigenden Wasserspiegel. Aber auch eine kleine Verletzung kann ohne Handyempfang und hunderte Klettermeter vom Eingang entfernt allerhand Ärger bereiten. Wir waren mit einem erfahrenem Begleiter unterwegs, der diese und andere Höhlen gut kennt. Am Rande sei noch erwähnt, dass man selbstverständlich niemals alleine und ohne jemandem über das Ziel zu informieren in eine Höhle gehen sollte. Die essenzielle Ausrüstung ist neben Warmer und festem Schuhwerk Kleidung ein Helm, eine Stirnlampe (am besten zwei), und ein Erste Hilfe-Set . Für alle, die nun auch Lust auf ein Unterwelterlebnis bekommen haben, bietet die Seite der Salzburger Höhlenrettung gute Informationen. Außerdem werden hier regelmäßig Führungen in touristisch unerschlossene Höhlen angeboten.

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