Text: Vanessa Graf, Fotos: Jasmin Walter
Treffpunkt: Muntigl bei Bergheim. Mitzunehmen: Fleece-Jacke, Handschuhe und lange Unterhose. Mission: von Salzburg nach Oberndorf paddeln, mitten auf der Salzach. Soweit die Anweisungen, um den Rest kümmert sich das Team von Genusspaddeln Salzburg.
Der Paddeltag bringt gutes Wetter und ein kleines bisschen aufgeregtes Herzklopfen. „Habt ihr alles dabei?“, begrüßt uns Thomas Rötzer, einer der beiden Genusspaddeln-Gründer. Das Team, mittlerweile zu dritt, bietet kurze Paddelkurse und längere Touren an – ob rund um Salzburg, zwischen kroatischen Inseln, oder mitten in den Lagunen von Venedig, hier kann man Europa und die Welt mit dem Kajak erkunden.
Tom steht am Ufer der Salzach in Muntigl, ein paar Kilometer von der Stadt entfernt. Um ihn liegen Trockensäcke, ein paar Paddel und die drei Boote, die uns bis nach Oberndorf bringen sollen. Die Sonne scheint uns wärmend in den Nacken als wir leicht beschämt antworten – nein, Fleecejacke, Skiunterwäsche, Handschuhe, nichts dabei. Bei solchen Temperaturen! Tom macht einen Gesichtsausdruck, der alles zwischen „selber schuld“ und „die werden schon noch sehen“ heißen kann, und drückt uns Paddelhosen, -jacken und Schwimmwesten in die Hände.
Als Heinrich Breidenbach und Carolin „Caro“ Brand eintreffen, die das Genusspaddeln-Team komplett machen,
hatten wir bereits Zeit genug, uns von dem Rauschen der Salzach ein kleines bisschen Respekt einflößen zu lassen. Zu unserer Linken strömt das Wasser wild brausend über eine Steinstufe, die Wellen schäumen auf. „Keine Sorge, wir paddeln in diese Richtung!“, lacht Caro und zeigt dabei nach rechts, wo die Wassermassen ruhig und gemächlich Richtung Oberndorf fließen.
Und wirklich, als wir wenige Minuten später in den langen Kajaks auf der Salzach treiben, spüren wir nichts von den gewaltigen Kräften unter uns. Vielmehr wiegt uns der Fluss sanft in den Booten, entspannt schwimmen wir in den Kajaks stromabwärts.
„Der Fluss ist die letzte große Freiheit“.
Während wir paddeln erzählt Heinrich von den Reisen, die er schon mit dem Kajak erlebt hat. Besonders die Flüsse Italiens und die Lagunen in Venedig bringen ihn ins Schwärmen, aber auch der Balkan hat für Paddelfreudige viel zu bieten. Während meine Gedanken schon um das Donaudelta in Rumänien und das Schwarze Meer kreisen, holt mich Heinrich noch einmal zurück nach Salzburg und erklärt sachlich: „Die Salzach mündet in den Inn, der Inn dann schließlich in die Donau“.
Diese simplen Tatsachen eröffnen auf einmal ganz neue Perspektiven – die Salzach verwandelt sich vom ruhigen Fluss in eine abenteuerliche Reiseroute, ein Verbindungsweg von Stadt zu Stadt, Land zu Land, bis hin zu anderen Kontinenten. „Der Fluss ist die letzte große Freiheit“, bringt es Heinrich auf den Punkt.
Für längere Touren gibt es, ganz ähnlich wie im Bergsport, detaillierte Flusskarten, die schwierige Stellen oder Hindernisse im Wasser kennzeichnen. Es ist nicht unüblich, vor schnelleren oder unpassierbaren Stellen am Ufer Halt zu machen, sich zuerst selbst ein Bild der Lage zu machen und, wenn es sein muss, das Kajak sogar ein Stück am Land zu befördern. Ein kleines Gestell mit Rädern ist daher unverzichtbar auf Paddeltouren. Es wird, gemeinsam mit dem übrigen Gepäck, in den Hohlräumen der Boote gelagert oder an das Kajak geschnallt.
Kurz vor Oberndorf wird das Wasser dann etwas unruhiger, Wellen schlagen gegen die Boote. Trotzdem: Von dem reißenden Fluss, den wir am Anfang befürchtet hatten, ist hier nur wenig zu spüren. Vielmehr verstehen wir jetzt, was das Wort Genuss mit Paddeln zu tun hat: selten hat man so viel Gelegenheit, zu entspannen und die Natur zu genießen, als in der Mitte eines Flusses. Paddeln beansprucht zwar den gesamten Körper, die Arm-, Bein-, und auch Bauchmuskulatur wird trainiert, aber man treibt fast völlig ungestört durch die Welt.
Heute nach Oberndorf, und morgen – bis ans Schwarze Meer? Möglich wär’s.
Nach ungefähr einer Stunde erreichen wir die Salzachbrücke zwischen Laufen und Oberndorf. Hier endet das Paddel-Abenteuer: Wir steigen aus den wackeligen Booten, schlüpfen aus der Kajakhose und legen die Schwimmwesten ab. Nass ist niemand geworden, und auch die fehlenden Skiunterhosen werden nicht vermisst. „Das ist das Genusspaddeln-Wetter“, meint Caro. „Wenn wir paddeln, scheint die Sonne.“
Bevor wir die Boote auf das Auto laden und wieder zurück nach Salzburg fahren, werfe ich einen letzten Blick flussabwärts und denke an Heinrichs Worte über die große Freiheit am Fluss. Heute nach Oberndorf, und morgen – bis ans Schwarze Meer? Möglich wär’s.