Wohnungen in Salzburg: Nicht bewohnt, aber vergeben!
Schwindende Möglichkeiten auf dem Wohnmarkt. Steigende Preise. Finanzielle Unsicherheiten. Daneben herrscht gähnende Leere. Leerstand und Wohnungsnot: noch ergänzen sie sich nicht.
Die Diskussionen rund um den Immobilienleerstand sind noch lange nicht erschöpft, denn das Thema lässt sich kaum allgemein erfassen. Bereits ein Versuch der Einordnung ergibt unterschiedliche Definitionen und Erklärungen. Da wäre schon mal die Unterscheidung zwischen strukturellem Leerstand und spekulativem Leerstand. Bei ersterem führen wirtschaftliche Gründe zu einem Weggang der Bevölkerung aus einem Gebiet. Spekulativen Leerstand findet man hingegen da, wo es eigentlich Wohnungsnachfrage gäbe. Er zielt vielmehr darauf ab, den Wert einer leerstehenden Wohnung zu erhöhen. Gerne wird auch zwischen leerstehenden Lokalen, Bürogebäuden und privaten Wohnungen bzw. Häusern unterschieden. Dann gibt es noch die Frage von Haupt- oder Zweitwohnsitz, deren Klärung Kopfweh macht.
Warum aber vermieten die Eigentümer*innen von leerstehenden Wohnungen diese nicht?
Und, um einen drauf zu setzen: Wenn die Immobilie tatsächlich schon lange Zeit leer steht, warum nicht gleich anderen zur Verfügung stellen?
Vermieten bedeutet viel Arbeit und voraussichtlich Mühsal mit den Mieter*innen
Grund #1: Die Eigentümer*innen warten auf bessere Zeiten
Es gibt einige Gründe, warum es einfacher ist, eine Wohnung leerstehen zu lassen. Da es sich um Eigentum handelt, steht es dem Besitzer frei, seine Immobile zu vermieten oder eben nicht. Manche pfeifen drauf und heben die vier Wände für Kinder und Enkelkinder auf. Das Geschäft mit der Spekulation steht jedem*r frei. Manchmal warten Eigentümer*innen auf einen steigenden Marktwert. Zum Beispiel, weil die Wohngegend in Zukunft immer mehr Zulauf erhalten soll. Das erlaubt später höhere Mietpreise.
Grund #2: Leere Wohnungen sind steuerlich irgendwie gut
Es spielen auch steuerrechtliche Gründe eine Rolle. Verluste aus Immobilien (Miete, Betriebskosten) sind – wenn eine aktuell angestrebte Vermietung nachgewiesen werden kann – steuerlich absetzbar. Derart gehen Immobilien auch in die Bilanzrechnung von Unternehmen ein. Auch hier sind entfallende Mieteinamen steuerlich absetzbar. Die Absetzung für Abnutzung (Afa), die sich durch den Wertverlust eines Gebäudes im Alterungsprozess ergibt, bedeutet ebenfalls eine steuerliche Entlastung. Desto älter und hinfälliger eine Immobilie wird, desto eher ist sie steuerlich absetzbar. Der Absatzwert wird an einer Schätzung des zukünftigen Ertragswerts gemessen.
Grund #3: Mieter*innen sind mühsam und wollen eine funktionierende Wohnung
Mühsame Nutzungsregelungen und fällige Sanierungsarbeiten sind weitere Gründe, warum Immobilien leer bleiben. Letztlich bedeutet für viele Besitzer *innen das Vermieten an sich schon viel Arbeit und voraussichtlich Mühsal mit den Mietern – hört, hört. Wer zur allgemeinen Leerstandthematik Genaueres nachlesen möchte, liest den spannenden Artikel der Stadtsoziologin Mara Verlic: „Enteignung des Möglichen“
Die Salzburger Gründe für Leerstand
In Salzburg liegt der meist genannte Grund von Leerstand am Sanierungsbedarf der Immobilien. Dafür bietet die Stadt Salzburg eine Lösung an. Sie fungiert als Mieterin zu fungieren und übernimmt gleichzeit die Verwaltung. So soll mehr Wohnplatz geschaffen werden, wobei die Eigentümer*innen sich nicht mit der Arbeit des Vermieters*der Vermieterin herummühen müssen. Auch die Betriebs- und Reparaturkosten übernimmt die Stadt. Klingt eigentlich ziemlich sexy für Eigentümer*innen, müsste man sich jetzt denken. Im echten Leben interessieren sich aber beschämend wenige für diese Variante.
In der Zwischenzeit steigen die Mieten in rasantem Tempo. Gerade derzeit – Corona lässt grüßen – werden die Sorgen um finanzielle Sicherheit immer größer. Leute, die die Möglichkeit haben, neigen vermehrt dazu in Immobilien zu investieren. Es ist Zeichen einer Sicherheit, einer Zukunftsvorsorge und schaden kann’ s ja nicht.
Genau, und wenn die Immobilie dann irgendwann wieder leer steht?
Die Frage um die Leerstände trifft umso härter, wenn man die Bemühungen der Salzburger Organisation Soziale Arbeit verfolgt. Sie setzt sich für Delogierungspräventionen und, Corona bedingt, ebenfalls Mietrückstandsüberbrückung ein. Mittel dazu sind in erster Linie Spenden, die über die Innara Solidarfonds laufen. Man soll nicht immer alles in einen Topf werfen. Wir probieren es hier dennoch: Leerstand und Wohnungsnot. Lässt sich hier denn keine Win-Win Lösung finden? Lukas Wolff, Vorstand des Salzburger Haus- und Grundbesitzes meint, man könnte der Wohnungsnot lediglich durch Neubau beikommen. Stichwort „geförderter Wohnbau“. Dazu aber fehle notweniger Baugrund.
Müssen wir weiter bauen?
Müssen wir weiter bauen? Um den CO2 Ausschuss (drittgrößter nach Flugzeug und Auto) kümmern wir uns ein andermal, oder? Es stimmt schon, die Tendenzen im Baubereich gehen in Richtung umweltfreundliche Bausubstanz. Manch einer wird zudem einwenden, dass Österreich zementtechnisch den weltweit geringsten CO2 Ausschuss produziert. Ganz kalt lässt unser Zementbau den Klimawandel allerdings trotzdem nicht.
Alternative Wohnmodelle, die versuchen in sozialer wie ökonomischer Hinsicht neue Lebensformen zu etablieren, halten auch in Österreich Einzug. Salzburg sieht nicht weg. Inwiefern die Renovierung und Wiederbelebung von Leerstand in diesen alternativen Wohnkonzepten mitspielt, scheint aber noch undurchsichtig. Insbesondere, was eine mögliche Verbindung zum Wohnungnotsstand betrifft.
Traurig und alleine: Salzburger Wohnungen
In der Zwischenzeit stehen sie da – das alte Haus, die alte Wohnung, das leere Bürogebäude und alle ihre Artgenossen. Unbewohnt und unbeheizt sammelt sich Schimmel, Lurch und Geziefer. Rohre werden morsch und, wenn die Veteranen dann doch wieder bewohnt werden sollen, steckt man umso mehr Geld hinein. Klar, irgendwie folgt alles einer Logik. Wohnungen und Häuser, die jahrelang leer stehen und im Zuge dessen verfallen. Gleichzeitig gibt es immer mehr Menschen, die bangen überhaupt vier Wände ein Heim nennen zu können. – Alternativen?
Schade irgendwie – ein Win-Win Deal für alte Immobilien und Wohnungssuchende lässt sich hier durchaus vermuten. Mehr zum Thema Wohnen in Salzburg findet ihr bei unserem Schwerpunkt WIE WOHNEN.
Titelfoto: Nathan Wright auf Unsplash