KOMMENTAR: Diese Ideen für den Rudolfskai hat Salzburg nicht gebraucht

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Snobs statt saufen: Rettet das den Rudolfskai?

Als vor ein paar Wochen die Einladung zu einer Pressekonferenz mit dem Betreff: „Neugestaltung Rudolfskai“ in den Posteingang der Salzburger Redaktionen flatterte, war ungefähr zu erwarten, worum es bei der Info-Veranstaltung gehen würde. Was dann von Vizebürgermeisterin Unterkofler und Co. präsentiert wurde, war aber noch salzburgerischer, als die meisten es im Jahr 2021 vermutet hätten.

So scheint das wichtigste und vorrangige Ziel der geplanten Umgestaltung tatsächlich die Zerschlagung der Beislmeile zu sein, auf der Generationen von Salzburger*innen ihre ersten Schritte ins Nachtleben gewagt haben. „Schmuddel-Image“ nannte es Bürgermeister Preuner in der städtischen Presseaussendung und rief im Gleichklang mit den Hausbesitzer*innen die Generalüberholung aus.

Was überraschte, war allerdings, wie wenige echte Ideen die Verantwortlichen zu präsentieren hatten. Da war die Rede von baulichen Gehsteigerweiterungen, Fahrbahnverengungen und offenen Durchhäusern. Von Vinotheken und schicken Bierbars, die sich dann praktisch von selbst mit zahlungswilligem Klientel füllen würden.

Was man bei der Pressekonferenz schuldig blieb, war eine Lösung für das wahre Problem des Rudolfskais. Das sind nämlich nicht in erster Linie saufende und raufende Jugendliche, die sich ohnehin erst spätabends hier aufhalten. Am Abend mag der Rudolfskai eine Partymeile sein. Untertags ist er eine vom Autoverkehr überflutete Durchzugsstraße, auf der eigentlich niemand gerne Zeit verbringen möchte, es sei denn, um sich in der besten Brühstube der Stadt einen Kaffee zu holen. Wer einmal im Schanigarten des Kaffee Alchemie gesessen hat, der weiß: Hier bleibt man maximal für eine Tasse Kaffee und eine Zigarettenlänge sitzen, dann weicht man gerne in die Altstadt oder ans sonnigere Ufer gegenüber aus.

Es bleibt schleierhaft, wie sich in diesem innerstädtischen Ignaz-Harrer-Straßen-Ambiente mit besserer Aussicht plötzlich eine snobbige Barszene entwickeln soll. Eine Gehsteigverbreiterung wird daran nichts ändern. Jene Lokalbetreiber, die ihr Geld in die heruntergekommen Geschäftslokale investieren werden, sind eigentlich schon jetzt zu bedauern. Im besten Fall wird eine Geschäftszeile entstehen, wie es sie jetzt beispielsweise an der Salzach zwischen Haus der Natur und Hanuschplatz gibt. Und wer trifft sich dort schon zum flanieren und genießen? Eben.

So liegt der Gedanke nahe, dass es um einen echten Neubeginn für den Rudolfskai eigentlich gar nicht geht. Im Zentrum des Interesses steht wohl tatsächlich die Vertreibung der Jugend. Dass die Eigentümer*innen sich dies wünschen, mag verständlich sein. Da es ihre Häuser sind, steht es ihnen selbstverständlich frei, Pachtverträge zu schließen und aufzulösen. Dass sich aber die Stadt Salzburg als Vertreterin aller Bürger*innen so uneingeschränkt hinter eine Gruppe stellt und der anderen so offensichtlich mit Gleichgültigkeit, ja beinahe Verachtung begegnet, hat nach zwei Pandemiewintern einen besonders fahlen Beigeschmack.

Die Coronakrise hat Salzburgs jungen Menschen besonders viel abverlangt. Die Solidarität mit den gefährdeten Alten ging auf Kosten ihrer Bildungschancen und ihrer Selbstverwirklichung. Und nun, da das junge Leben langsam wieder erwacht, kündigt die Stadt an, einen ihrer wichtigsten Entfaltungsräume dichtzumachen, um ihn in eine Meile für Besserverdienende, Touristen und Bobos zu verwandeln.

Verstehen wir uns nicht falsch: Dass es am Rudolfskai in den letzten Jahren zunehmend Probleme gab, wird niemand bestreiten. Und so würde ein echter Neustart des Rudolfskais unter Einbeziehung aller Nutzergruppen auf wenig Gegenwind stoßen. Möglichkeiten gäbe es viele: Bis heute hat Salzburg keine echte studentische Ausgehkultur. Mit Augenmaß und Fingerspitzengefühl müsste es möglich sein, den Rudolfskai wieder inklusiver und sicherer zu gestalten, ohne ihn allzu sehr gegen den Strich zu bürsten. Denn auch wenn es die Stadtpolitik ungern hört: Orte der Ausschweifung wie der Rudolfskai gehören zum jungen Stadtleben dazu. Wer als 17-jähriger nicht in der Sega gesoffen hat, der werfe das erste Schnapsglas.

Wenn es an dieser ganzen Debatte eine gute Nachricht gibt, dann ist es wohl jene, dass der Abschied vom alten Rudolfskai zwar für eine gewisse Alterskohorte traurig ist. Dem jungen Salzburg als Ganzem wird er aber nicht schaden. Junges Leben lässt sich nicht so einfach totkriegen. Man kann es – wie in Salzburg – mit Füßen treten, an den Stadtrand verbannen und als schmuddelig verachten. Aber abstellen kann man es nicht. Genau wie man Jugendkultur nicht durch pseudige Initiativen künstlich erzeugen kann, so kann man sie nicht einfach ausknipsen. Vertreibt man sie von einem Ort, poppt sie eben woanders wieder auf. Sie sucht sich ihre Freiräume und braucht dazu nichts, außer in Ruhe gelassen zu werden. Und diese Freiräume gibt es selbst in einer Stadt wie Salzburg, die alles tut, um jungen Leuten mit teuren Mieten und spaßbefreiten Anstandsregeln den Abschied so schmackhaft wie möglich zu machen.

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