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Ein frühgeborenes Baby, das sie vor kurzem sehr gut durchgebracht haben, sagt Martin Wald, hatte ein Geburtsgewicht von 350 Gramm. Das sei sogar für seine Verhältnisse sehr wenig. Und trotzdem: Es hat funktioniert. Das Überleben von Frühgeborenen ist oft besser als ihr Ruf. Auf der Neonatologie behandelt man Kinder, die zu früh geboren wurden, aber auch termingeborene, kranke Kinder. Eine Arbeit für Leute, die vertrauen können. „Darauf, dass die Kinder das können. Dass sie das schaffen. Egal, wie groß sie bei der Geburt sind“, sagt Martin.
Arbeiten auf der Neo, das muss man wollen.
Es sei nicht immer nett, was hier passiert. Es handelt sich um High-end-Intensivmedizin. Das erzeugt auch Leid, Kinder sind krank, manche totkrank. Es geht um Leben und Tod, es sterben Menschen. Aber: Wenn Patient*innen nach zehn Jahren zurückkommen, sich herzeigen, man die Eltern sieht. Das gibt schon viel her.
Dass Kinder es schaffen, gesund entwickelt das Krankenhaus zu verlassen, daran arbeitet das Team der Neonatologie. Die Therapiemethoden sind umfangreich. Eine Sache, die man vielleicht nicht am Schirm hat, aber gute Resultate erzielt, ist das Kuscheln.
„Man muss aber“, sagt Martin Wald, „das Wort Berühren definieren.“ Berühren im Sinn von Streicheln oder Kitzeln sei hier nicht gemeint. Im Gegenteil, das fühle sich für die Kinder sogar unangenehm an, weil ihre Schmerzrezeptoren anders ausgebildet sind. Gemeint ist großflächiger Skin-to-Skin-Kontakt, auch genannt Kangaroo Care.
Bei dieser Therapiemethode geht es in erster Linie darum, Mama und Papa zu spüren. Sich in einer sicheren und bekannten Umgebung zu wissen. Damit beginnt das Team der Neonatologie sofort nach der Geburt. „Das 350 Gramm-Kind war gleich nach der Geburt bei der Mama kuscheln. Es hatte zwar etwas Atemunterstützung, aber im Grunde hat es das alleine geschafft“, erzählt Martin.
Kontakt ist bei der Entwicklung für das Gehirn essentiell.
Bei Frühgeborenen gibt es ein Problem: Ein großer Teil ihrer Hirnentwicklung findet in einer Umgebung statt, die maximal unphysiologisch ist, weil: Die Neo ist eben genau das, unphysiologisch. Ein Gehirn, das sich im Mutterleib entwickelt, ist einer genau dosierten Menge an Reizen ausgesetzt: nicht zu viel und nicht zu wenig. Wenn es zur Welt kommt, dann ist es diesen Stimuli von außen komplett ungeschützt ausgesetzt. „Unsere Aufgabe ist es, das Kind so zu versorgen, dass das Hirn das richtige Maß an Reizen bekommt und sich normal entwickeln kann“, erklärt Martin Wald.
Um diese Versorgung zu gewährleisten, hält man sich an die Wissenschaft. „Es gibt einige, wenige Konzepte, die gut erforscht sind. Eines davon heißt NIDCAP und ist auf der Neonatologie seit vielen Jahren Standard. Dieses Programm verfolgt einen entwicklungsfördernden, individualisierten und familienorientierten Ansatz, der die Eltern sehr stark in die Pflege einbindet. Anders gesagt: Der Hauptjob der Eltern ist (nicht nur, aber sehr, sehr viel): Kuscheln.
«Dann hat die Oberärztin gesagt: 'Da brauchen wir keinen Priester, sondern einen Arzt.' Man muss Vertrauen haben, in die Kinder. Dass es geht.»
Mit diesem familienorientierten, kontaktintensiven Ansatz erzielt man auf der Salzburger Neonatologie super Ergebnisse. So gut, dass es bereits mehrmals niedergelassene Kinderärzt*innen angerufen haben, um sich zu vergewissern, ob ihr Patient wirklich ein Frühchen war und es nicht um einen Irrtum handle. Der Ruf von Frühgeborenen sei viel schlechter, als sie verdienen, sagt Martin Wald.
„Es war jetzt gerade eine Mutter da, die ihr zweites Kind bekommen hat. Ihr erstes Kind war bei der Geburt so krank, dass schon der Priester da war. Niemand hat geglaubt, dass es überlebt. Dann ist die Oberärztin gekommen und hat gesagt: ‚Wir brauchen keinen Priester, sondern einen Arzt.‘ Das Kind ist jetzt sieben Jahre alt, geht in die Schule, hat keinen Schaden davon getragen. Dieses Vertrauen in die Kinder, das muss man auf der Neo haben, den Glauben daran, dass es gut wird, dass es geht. Auch wenn es nicht immer geht. Aber man muss daran glauben können.“
Wir halten fest: Das Hirn mag kuscheln.
Kuscheln also oder auch großflächiger Kontakt ist essentiell für die Gehirnentwicklung von Frühgeborenen. Was für so Kleine stimmt, kann für Erwachsene nicht falsch sein. Umfassend viel Wissen dazu ist auf der Neonatologie gespeichert. Die Geschichten, die Martin Wald erzählt, sind sein täglich Brot. Und wir wissen ja nicht, wie es euch geht, aber bei Gesprächen wie diesen, fragen wir uns, wie es wohl wäre, in so einem Team mitzuarbeiten. Nach dem Dienst nachhause zu kommen und zu sagen: „Heute habe ich ein 400 Gramm schweres Kind gehalten.“
Arbeiten in den Salzburger Landeskliniken
Für euch ist das nichts? Macht nix. Denn: Auch wenn wir noch nie so wirklich darüber nachgedacht haben: Die Salzburger Landeskliniken bestehen nicht nur aus Ärzten, Ärztinnen und Pfleger*innen. Knapp 6.500 Personen arbeiten daran, dass wir im Fall der Fälle versorgt werden – alle auf ihre ganz eigene Art. Da gibt’s die Küche, die für alle Patient*innen und Mitarbeiter*innen kocht. Da gibt’s die IT, in der man über die Versorgungssicherheit nachdenkt. Da gibt’s die Reinigungskräfte, die schauen, dass alles so sauber ist, wie es sein muss. Wir schauen uns einige dieser Berufe an und stellen Fragen.
Übrigens: Die Salzburger Landeskliniken haben fünf Standorte, das Uniklinikum Salzburg Campus LKH und Campus CDK sowie die Landeskliniken Tamsweg, Hallein und St. Veit. Wegen dem Arbeitsweg warad’s gwesen. Martin Wald und seinem Team der Neonatologie begegnet ihr allerdings nur in der Stadt Salzburg. Er hat sich dazu entschieden, mit Menschen zu arbeiten, die sich im ersten Viertel ihres Lebens befinden. Wenn euch diese Arbeit gar nicht interessiert, seid ihr vielleicht auf der Neo falsch, aber woanders goldrichtig. Wo? Das finden wir in den nächsten Wochen heraus.
Schleichwerbung, nein danke!
Wir nehmen für unsere redaktionelle Berichterstattung niemals Geld an. Werbung gibt es beim Fräulein, aber selten. Wenn wir Werbung machen, steht das außerdem ganz klar im Titel und nicht irgendwo versteckt – deswegen ist es uns wichtig, dass ihr wisst: Ursprünglich ist dieser Beitrag in Zusammenarbeit mit den Salzburger Landeskliniken entstanden, wir haben das Gespräch mit Martin Wald aber so toll gefunden, dass wir auch gleich einen Podcast gebastelt haben.