Schiaches Salzburg: Zwei Fünfer für ein Halleluja

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Ein kurzer Abriss über einen Abbruch

Eigentlich ist es eh ganz logisch. Wenn eine Straße so viele Schlaglöcher hat, wie der Mond Krater, ist es vielleicht gscheiter, diese irgendwann nicht mehr kosmetisch aufzufüllen, sondern einen komplett neuen Belag draufzuwalzen. (Außer in Salzburg. Hier gehören Schlaglöcher somewhat zum Weltkulturerbe, aber das ist eine andere Geschichte.)

Fotos: Schiaches Salzburg

Was ich jetzt so gscheit daherrede, ist die Abstraktion einer ziemlich persönlichen, ziemlich schmerzhaften und – zumindest damals noch – ziemlich stigmatisierten Lebensgabelung. Sitzenbleiben zwei Jahre vor der Matura. Eines der größten Schlaglöcher in meinem bisherigen Leben. Und ein Wiederholjahr mit kosmetischer Wirkung, das eher geschadet, statt genutzt hat.

Mit Maslow auf der Insel

Es ging nix weiter mehr in der Schule mit 17 und auch sonst. Ob im Leben wegen der Schule oder in der Schule wegen dem Sonst nix weiterging, kann ich nicht mehr sagen. Vermutlich beides.
Das Sitzenbleiben wegen Mathe und Rechnungswesen tut jemandem mit der unpraktischen Inselbegabung für Sprachliches halt nicht unbedingt gut. Und ist bildungstechnisch so ziemlich das Schlimmste, was einem Woaserl mit Sozialphobie wie der Autorin in dem Fall passieren kann. Freund*innen weg, gewohnte Lehrer*innen weg, gewohnte Abläufe weg. Boden unter den Füßen auch weg. Sicherheit weg, die Maslowsche Bedürfnispyramide zum Einsturz gebracht. Das Einzige, das ich im Wiederholjahr gelernt habe, war, wie man effizient schwänzt und dass ich draußen beim Nietzsche-Lesen mehr lerne, als im zweiten Durchgang der 11. Schulstufe. Anhand fiktiver, mäßig sinnvoller Textaufgaben das Fifo-Verfahren zu kapieren, um irgendwann einen Beruf ausüben zu können, in den ich eh nie will, war dann halt eher keine Option.
Aber okay. Nachher ist man immer schlauer.

Warum Abbrecher*innen auch normale Menschen sind

Dass man trotz Abbruch zwangsweise nicht so endet wie Christiane F. oder Natalie vom Babystrich (kennt die noch wer?), hat mehrere Gründe.

1. Nicht jeder der abbricht,

ist automatisch ein Depp, faul oder hat kriminelle Neigungen. (Wenn jemand kriminelle Neigungen hat, kann er auch ohne Matura Erfolg haben. Just sayin’.)

2. Nicht jeder der abbricht,

macht das aus Böswilligkeit, um seinen Eltern was z’fleiß zu tun, oder um sinnlos zu rebellieren und ist auch nicht asozialer als der vermeintlich brave Maturant aus’m Herz-Jesu-Gym oder Akad, der heimlich Stimulanzien aus dem Darknet verkauft. Eher ganz im Gegenteil. Massive Hilflosigkeit gegenüber einem Schulsystem, in das man nicht passt, ist der Grund.

3. Ja, es stimmt tatsächlich:

Wenn man nicht aus einer Akademikerfamilie kommt, muss man sich Dinge erkämpfen, die bei anderen Gleichaltrigen ganz normale Lebensrealität sind. Achtung, Klischee, aber es stimmt leider echt: Erst durchs Scheitern und Trial & Error lernt man als Nicht-Akademikerkind, wie die Dinge im Bildungsbürgermilieu so laufen und worauf es ankommt. Das ist anstrengend. Und wenn man keine Hilfe dabei hat, noch anstrengender.

[Anm.: Den Bowie oder die Einstürzenden Neubauten kennenzulernen wär trotzdem ganz cool gewesen, aber man kann ja nicht alles haben.]

Die Wut über die hingeschmissene Matura war dann irgendwann doch zu groß. Ich wusste, dass es in Salzburg ein Abendgymnasium gibt, das für alle über 17 zugänglich ist. Was konnte schon Schlimmeres passieren, als auch dort wieder zu scheitern. Spoiler-Alert: Dort ging der Knopf dann irgendwie auf. Neue Leute. Lehrer, die Experten auf ihrem Feld sind, den Unterricht eher wie Univorlesungen angehen, einem auf Augenhöhe begegnen und einen PC, Beamer oder Overheadprojektor in unter 10 Minuten selbstständig zum Laufen bringen können. Prüfungen, die zu einer Tageszeit stattfinden, die eulenfreundlich ist. Bei Vorkenntnissen automatisch aufgestuft werden. Alles sinnvolle Bestandteile eines Lernalltags, der auch der Tagesschule ganz gut täte.

Recap

Ja, ein Abbruch sieht im Lebenslauf nicht gut aus. Ja, es ist nicht die Norm und die „leeren“ Jahre waren – in Retrospektive betrachtet – eine ziemliche Baustelle.

Aber: Man wird durch einen Abbruch auf eine Art bullshit-proof, weil man irgendwie klarkommen muss. Außerdem schärft man möglicherweise Talente, oder kultiviert neue Skills, weil man zwangsläufig das macht, was einen interessiert, damit die Zeit halt irgendwie rumgeht. Der Abbruch ist also nicht umsonst gewesen – sondern in meinem Fall eher das komplette Gegenteil.

Oder zumindest auch nicht umsonster, als meinen damaligen Freundinnen, die alle brav in der Regelzeit die Matura gemacht haben dabei zuzuschauen, wie sie ihr Studium hinschmeißen und am Ende auch wieder so planlos waren wie ich eben vor der Matura.

Also: Bitte sich Folgendes zu merken

Den Idealzustand gibt es nicht. Aber eine Lösung, an die man vielleicht noch gar nicht denkt, lauert irgendwo. Abbrechen okay, ganz aufhören nicht.
Setzen, Eins.


“Schiaches Salzburg” ist unser Außenposten fürs Unangenehme und bringt laufend neue Krach- und Sachgeschichten aus SBG.

Gefunden haben wir diesen Account auf Instagram, wo er als @schiaches.salzburg die halbschattigen Seiten der Stadt herzeigt. Was es dort gibt? Found objects, Kurioses aus dem öffentlichen Raum und andere schiache Sachen aus der schönsten Stadt Österreichs. Immer mit im Gepäck? Gesunder Grant, absurder Humor und Sinn für Unsinn.

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