Das war der Tag vor dem EU-Gipfel in Salzburg

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Die letzten Vorbereitungen werden getroffen, Bereiche ums Mozarteum und Festspielhaus großräumig abgeriegelt. Über der Stadt kreisen Hubschrauber und an jeder Ecke stehen sich Polizeitbeamt*innen die Füße in den Boden. Während am Flughafen Salzburg die Staats- und Regierungschefs nacheinander eintrudeln, setzt sich in Salzburg der Alltag unbeeindruckt fort. Manchen ist das Großaufgebot an politischer Prominenz wurscht, andere tragen abends Kerzen durch die Altstadt, um der Verstorbenen auf der Flucht übers Mittelmeer zu gedenken und gegen die Festung Europa zu protestieren. Eigentlich befindet sich Salzburg im Ausnahmezustand. Gleichzeitig strahlt es seine kleinstädtische Ruhe aus.

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14.34 Uhr, Mirabellplatz

Der Platz ist abgeriegelt, die Salzburger*innen mussten sich mit dem traurigen Fakt abfinden, dass die Schranne diese Woche ausfallen wird. Ein Polizist bewacht den leeren Platz, erwischt eine ältere Dame, die sich durch die Absperrungen ihren Weg quer durch den Platz verkürzen will. „Ajo, heit is jo da EU Gipfel, tut ma Load!“, meint sie, während sie Richtung Linzergasse flieht.

14.52 Uhr, Mirabellplatz

Ich besuche die Pommes Boutique. Schauen, welche Vorschriften an die Anrainer gestellt wurden. Über uns kreist ein Helikopter und vor dem Mirabellgarten haben sich Autos von Medienhäusern zugeparkt. Welt, ORF, ZDF, sie sind alle da. Zwischen 8 und 10 seien die Läden dieser Straße abgesperrt, weil Platzverbot. Danach sollte man halt einen Ausweis mit sich tragen, sagt der Verkäufer. Mit ID zum Burgerladen also.

15.12 Uhr, Mozarteum

Vor mir bespricht sich ein Kamerateam vom ZDF, welche Ausschnitte noch in den Kasten sollen und zieht eilig weiter Richtung Mirabellplatz. Im Mozarteum durchlaufe ich den Securitycheck. Mehrere hundert Mann vom ÖSD stehen um mich herum, dazwischen Reporter*innen aus Allerwelt, Wortfetzen in Englisch, Französisch, Spanisch.

15.36 Uhr, Kurgarten

Nein, der Aufwand sei zu groß dafür, dass nichts rauskomme, sagt eine energische Rentnerin und will mich in eine Diskussion über den Kolonialismus in Afrika verwickeln. Der Gipfel sei ein großes Aushängeschild für Salzburg, widerspricht ein Herr auf einer Parkbank. Und für den Tourismus, bestätigt eine Dame, deren kleine Tochter eifrig Kastanien in den Fahrradkorb schaufelt.

16.13 Uhr, Academy Bar

Dann reden die Politiker wieder miteinander, anstatt nur eine Mauer zu bauen, sagt Michi von der Academy Bar, wo ich eine Pause einlege.

16.44 Uhr, Festspielhaus

Auch das Festspielhaus ist großräumig abgeriegelt. Ein Konvoi rast an mir vorbei, passiert die Absperrungen. Die schwedische Fahne ziert die Autofenster. Schaulustige lehnen sich an die Absperrungen, beobachten das Treiben vor dem Festspielhaus und schweigen andächtig. Da drinnen spielt die Musi.

17.17 Uhr, Escobar

Konvois rasen an mir vorbei, während ich mir ein Häppchen gönne. Am Straßenrand steht Polizei in Neonwesten, ansonsten bleibt es ruhig.

17.57 Uhr, TriBüne Lehen

Die Demonstrierenden versammeln sich, um 18.30 Uhr soll der Walk Of Responsibility losgehen. Transparente lehnen an der Wand und Flyer werden verteilt. „Euer Kaviar lag neben Leichen“ „Stoppt das Sterben, nicht die Rettung.“, heißt es hier. „Es geht um Menschlichkeit, Menschen als illegal zu diskreditieren ist Bullshit“, sagt ein junger Mann, und sein Bruder bestätigt: Solidarität, deshalb sind die beiden heute hier. Alina, eine der Veranstalterinnen, erklärt die Hintergründe des Trauermarschs: „Illegale Migration und Abschottung sind die Hauptthemen des Gipfels. Wir sind nicht damit konform, dass tausende Menschen im Mittelmeer sterben und wollen dem entgegenhalten.“

18.35 Uhr, irgendwo zwischen Lehen und Altstadt

Die Demo hat sich in Bewegung gesetzt, jemand schwenkt ein Räucherwerk und aus einer Lautsprecherbox klingt eine Frauenstimme. Sie liest Namen von Menschen vor, die in den letzten Jahren auf der Flucht nach Europa gestorben sind. Viele sind ertrunken, viele an Folge von Verletzungen und Erkrankungen verstorben. Einige haben sich das Leben genommen, als ihnen die Abschiebung drohte. Sie kommen aus Somalia, Afghanistan und Syrien und haben in Italien, Slowenien und Spanien ihren Tod gefunden. In einem „Europa, das schützt“ also. Das Motto des österreichischen EU-Ratsvorsitzes klingt gerade beinahe zynisch.

 20.14 Uhr, Festspielhaus

Ich begebe mich wieder durch die Altstadt Richtung Festspielhaus, wo die Prominenz gerade Shortrib vom Rind speist. Neben mir hat der britische Konvoi dasselbe Ziel, erreicht es jedoch schneller als ich. Männer in Anzügen passieren die Absperrungen umgeben von Security und Polizei. Vielleicht sind es politische Funktionäre. Im Festspielhaus brennt noch Licht, auch drinnen Männer in Anzügen. Ob der Tag heute ruhig verlaufen sei, frage ich einen Polizisten. Verkehrstechnisch ja, darüber könne er mir Auskunft geben. Ob sein Kollege denn zufriedenstellende Leistung erbringe, will ein anderer lachend von mir wissen.

20.26 Uhr, Alter Markt

Zurück beim Trauerzug. Die Polizei hier scheint weniger entspannt zu sein, in zwei Reihen hindern sie die Demonstrierenden beim Weitermarschieren. Pfiffe und Parolen aus den Reihen der Demonstrierenden. „Say it loud, say it clear, refugees are welcome here”, dazwischen Choräle. Zu altbekannten Parolen mischen sich akutelle: “Kurz, verpiss dich” etwa, oder „Brick by brick, wall by wall, let the fortress Europe fall“. Nach einer Weile verstummen die Rufe und die Demo löst sich auf. Zeit, nach Hause zu gehen und sich auszuruhen. Der große Gipfel steht schließlich noch bevor.

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