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Wer zahlt (drauf), wenn man (nicht mehr) zam ist?

Beim letzten Workshop zu Frauen und Geld von Frau & Arbeit hat es uns wieder die Socken ausgezogen. So vieles haben wir nicht gewusst. Und sooo viel Unwissen ist unterwegs. Wir haben sechs Mythen zu Geld und Familie aufgeschrieben. Und erklärt, wie es wirklich ist.

#1 Heiraten tut man aus Liebe

Vielleicht auch. Aus Sicht des Staates geht ihr eine Wirtschaftsgemeinschaft ein. Die Ehe ist ein Vertrag und das dazu passende Gesetz ist sehr klar, wenn es um die Rechte und Pflichten nach den Wedding Bells geht. Habt ihr zum Beispiel gewusst, dass ihr in einer Ehe dazu verpflichtet seid, bei Bedarf im Betrieb der anderen Person mitzuwirken? Zwar im Rahmen des Zumutbaren, aber immerhin. Grundsätzlich wäre es angebracht, sich dieses Gesetz (Ehegesetz und ABGB) einmal reinzuziehen. Einfach, um zu wissen, was ihr da eigentlich unterschreibt.

Tipp: Bevor ihr heiratet, lest euch das Ehegesetz durch. Weil Gesetze in Österreich so formuliert sind, dass man sie nicht immer verstehen kann, macht danach eine kostenlose Beratung über Frau & Arbeit aus. Eine kostenlose Rechtsberatung gibt es beim Land Salzburg und der Stadt Salzburg nach Terminvereinbarung. Ihr könnt euch auch gemeinsam eine*n Anwalt*Anwältin oder eine*n Notar*in suchen. Es ist immer besser, in guten Zeiten über Geld zu sprechen.

#2 Wenn ich heirate, wird aus seinem rechtlich unseres

If only. In Österreich gilt der gesetzliche Güterstand der Gütertrennung. Das bedeutet: Eure Unterschrift auf dem Ehe-Vertrag macht euch nicht automatisch zu den Miteigentümer*innen seiner Yacht, ihrer Villa oder seiner Goldreserven. Wenn nicht anders vereinbart, nimmt jede*r das wieder aus der Ehe mit, was eingebracht wurde. Ein Beispiel: Wenn ihr euch alleine eine Wohnung gekauft habt, euch danach verliebt, heiratet, euch scheiden lasst – dann müsst ihr (im Normalfall) die Wohnung nicht teilen. Im Normalfall deswegen, weil es in der Juristerei ja immer „drauf ankommt“. Was heißt das für Frauen? Nicht auf die Assets vom anderen verlassen! Die schöne Seite dran? Ihr haftet auch nicht für Schulden. Außer ihr habt irgendwas unterschrieben. Tut das bitte nie, außer ihr wisst ganz genau, worum es sich handelt und ob es ok für euch ist.

Tipp: Auch hier gilt: Je offener über das Thema Geld gesprochen wird, desto besser. Im Idealfall habt ihr die tricky details schon dann ausgemacht, wenn die rosarote Brille noch auf euren Nasen zwickt. Wenn der Fall der Fälle nie eintritt, auch wuascht. Soll was Schlimmeres passieren.

#3 Stichwort: Arbeitsaufteilung: Es ist gscheit, dass sich mein Mann ums Geld kümmert

Ihr habt euch das angeschaut und setzt in eurer Beziehung auf Arbeitsteilung. Ok, gebt aber bitte nicht die Bereiche auf, die für euch von höchster Bedeutung sein können. Und das sind nunmal die Finanzen. Ihr solltet immer wissen, wie diese aussehen. Ja, im normalen Alltag ist das eine anstrengende Sache. Warum sollte man sich auch damit beschäftigen, solange genug da ist? Weil sich die gemütliche Situation jederzeit ändern kann. Und wer nicht weiß, wo man steht, der hat keine Möglichkeit, sich neu auszurichten bzw. die Situation einzuschätzen.

Tipp: Lest euch ein und holt euch Rat. Wir haben hier einen Beitrag dazu verfasst, warum es in jedem Fall gut ist, sich mit Geld auseinander zu setzen. Und zwar sofort.

#4 Eine Lebensgemeinschaft ist rechtlich dasselbe wie eine Ehe

Nein. Die Ehe gibt sehr genau Regeln vor, was ok ist und was nicht. Das hat Vor- und Nachteile. Nach der kleinen Unterschrift ordnet ihr euch den Gesetzen unter – in guten wie in schlechten Zeiten. Vorteile sind es, dass die Regeln klar vorgegeben sind. Nachteile sind, dass die Regeln klar vorgegeben sind. In einer Lebensgemeinschaft könnt und müsst ihr euch diese ganzen Regeln gemeinsam erarbeiten – und im Idealfall schriftlich festhalten. Eine sehr individuelle Aufgabe, bei der ihr aber auch viel mitdenken müsst. Rechtlich steht fest: Viele Vorteile einer Ehe können in der Lebensgemeinschaft nicht „genossen“ werden – außer natürlich, ihr habt es anders vereinbart. Für Witwen gibt es z. B. nur in einer Ehe eine Witwenpension.

Tipp: Schreibt euch am besten eine Liste: Was mag ich/stört mich an der Ehe? Was mag ich/stört mich am Modell der Lebensgemeinschaft. Als Entscheidungshilfe für die Lebensgemeinschaft sei gesagt: Es gibt so etwas wie einen Partnerschaftsvertrag. Darin ist zusammengefasst, was z. B. passiert, wenn …

… eine Person eine Zeit lang beruflich zurücktritt, um ein Kind zu erziehen.
… eine Person große Summen Geld ins Eigentum der anderen Person steckt und eine Trennung ins Haus steht.
… große finanzielle Ausgaben anstehen.

#5 Aufs Testament meines Mannes kann ich mich verlassen

Ein Testament ist besser als kein Testament. Aber ein Testament ist einseitig und kann auch einseitig wieder geändert werden. Zum Beispiel: Ihr schreibt gemeinsam mit eurem Partner ein Testament, in dem steht, was mit seinem Erbe passieren soll. Dieses Testament wird einem*r Notar*in übergeben. Euer Partner kann ab jetzt jederzeit das Testament abändern, ohne euch darüber zu informieren oder euch ins Testament zu inkludieren. Verbindlicher wäre ein Erbvertrag. Dieser funktioniert wie ein Testament, allerdings müssen zwei Parteien unterschreiben und der Vertrag kann nur dann geändert werden, wenn beide Parteien ihr ok geben.

#6 Es ist eine gute Idee, mich bei meinem Partner mitversichern zu lassen

Nein. Wenn ihr momentan nicht versichert seid – aus welchen Gründen auch immer – denkt bitte zuerst darüber nach, freiwillig eine private Sozialversicherung einzuzahlen. Der Vorteil: Mit der Einzahlung der Versicherung sammelt ihr Pensionsjahre. Bei einer Mitversicherung ist das nicht der Fall. Auch, wenn die Mitversicherung „gratis“ ist, könntet ihr später einen großen Preis dafür zahlen – nämlich dann, wenn ihr in Pension gehen wollt und euch Jahre fehlen.

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