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Sigi Maurer, #metoo und der Volkszorn

Frau sitzt allein

Irgendwie hat man den Eindruck, die monatelange Debatte um #metoo habe nie stattgefunden, zumindest nicht in Österreich. Da wird eine junge Frau aufs Übelste belästigt. Mit einer Nachricht, die so grauslig ist, dass man sie eigentlich nicht wiederholen möchte. Damit aber niemand sagen kann, die Emanzen würden wieder mal maßlos übertreiben, hier ein kleiner Auszug:

„Hallo, Du bist heute bei mir beim Geschäft vorbeigegangen und hast auf meinen Schwanz geguckt, als wolltest du ihn essen. […] Dein fetter Arsch turned mich ab aber da Du prominent bist, ficke ich dich gerne in deinen fetten Arsch, damit dir einer abgeht du kleine dreckige Bitch.“

Verfasst hat diesen üblen Mist mutmaßlich der Besitzer eines Wiener Craft Beer Ladens. Die junge Frau hat sich das nicht gefallen lassen und die Nachricht deshalb auf ihrem Social Media Kanal veröffentlicht. Sie hat genau das getan, was Polizist*innen, Sozialarbeiter*innen und Pädagog*innen Frauen raten, die mit sexueller Gewalt bedroht werden: Sie hat darüber gesprochen.

Soweit so gut. Möchte man meinen. Denn nun klagt der Inhaber des Geschäfts vor Gericht wegen übler Nachrede. Er selbst habe diesen Kommentar auch gar nicht verfasst. Ein ominöser Dritter habe die Nachricht von seinem PC mit seinem Account geschrieben. Dass Interpunktion und Rechtschreibung des Postings eins zu eins allen anderen Beiträgen des Besitzers und auch den Texten auf der Webseite gleichen, sei nur am Rande erwähnt.

Juristisch gesehen ist die Sache nun gar nicht so einfach und der Mann hat Chancen, mit seiner Klage erfolgreich zu sein. Das scheint absurd, zeigt aber die Schwierigkeiten, mit denen Frauen konfrontiert sind, die auf sexuelle Belästigung offensiv reagieren. Man kann ein solches Rechtssystem verteufeln. Oder man kann das Richtige tun: es anpassen.

Was eigentlich bestürzt, ist aber nicht die Rechtssituation. Es sind die Kommentarspalten der Sozialen Medien und der Boulevardblätter. Man bekommt dort den Eindruck, der Inhaber des Craft Beer Ladens sei das eigentliche Opfer dieser ganzen Sache. Beispiele gefällig?

„Würde Frau Maurer endlich anfangen für etwas zu sein und nicht gegen etwas würden die Menschen auch anfangen für Frau Maurer zu sein. Eigentlich ganz banal und einfach. Denn jetzt bekommt sie wieder zu spüren was sie geseeht hat.“

„Warum hat sie ihn nicht, persönlich damit konfrontiert und es gleich aus der Welt geräumt? So macht man das eigentlich und obendrein ist die Frau Maurer auch ein kommunikativer Mensch …“

„Mit dieser Posse zeigt sich wieder einmal mehr, wie gut es ist das diese „GrünInnen“ nun nicht mehr im Parlament vorhanden sind. Danke Österreich!“

Wer diese bizarre Umkehrung der Schuld seltsam findet, hat die Österreichische Volksseele nicht verstanden. Die junge Frau heißt Sigi Maurer, sie ist Politikerin der Grünen, wortgewandt, intellektuell, Feministin. Sie trägt die Haare kurz, tritt mit Selbstvertrauen auf. Kurz gesagt: Sie ist das perfekte Feindbild jedes guten Stammtischösterreichers.

Fast möchte man an dieser Stelle ein kurzes Gedankenexperiment wagen: Was wäre wenn …

– Das Mädchen eine ganz normale 17-jährige Wiener Schülerin gewesen wäre?

– Der Verfasser der Nachricht ein Afghane oder Tschetschene gewesen wäre?

– HC Strache, Ö24 und die Krone das Posting des Ladenbesitzers geteilt hätten?

Na, spürt ihr ihn schon? Den Volkszorn?

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