Von „Porno-Szenen im Weißenbachtal“ berichten 2011 die Oberösterreichlschen Nachrichten, „Erotikparadies“ schreibt der Standard. Die Kronenzeitung beschreibt es lebhafter: ,,Radler-Familie platzt in Sex-Orgie am Weißenbach“. Was bis dahin unbemerkt hinterm Busch geschehen war, erregte seit der Eröffnung des neuen Radwegs vom Attersee bis Bad Ischl durch das Weißenbachtal die öffentliche Aufmerksamkeit. Das abgelegene Flussbett mit seinen ruhigen Buchten und weißen Steinstränden zog nicht nur das gewünschte Publikum an, sondern lockte auch Leute aus der Swinger-Szene und Outdoor-Sex-Liebhaber*innen.
Zum Vögeln an der frischen Bergluft nahmen viele sogar den weiten Weg aus dem Ausland auf sich.
Kannte man den Sex-Tipp Weißenbachtal noch nicht aus der eigenen Swinger-Community, war er auch auf einschlägigen Internetforen eine beliebte Empfehlung. Genauso wie das Waldbad Anif, die Königsseeache oder die Saalachwehr in Wals-Käferheim galt das Weißenbachtal bis vor wenigen Jahren als Treffpunkt zum Outdoor-Pudern, Partner*innentausch oder Wichsplatz mit garantierter Erfolgsquote. Die Reaktion der Atterseer Gemeinde ließ nicht lange auf sich warten: Ein ausgewiesener FKK-Bereich, Warntafeln und regelmäßige Kontrollgänge waren die Konsequenz.
Erlaubt ist, was die „allgemein anerkannten Grundsätze der guten Sitte“ nicht gefährdet.
Die Tafeln stehen auch heute noch verstreut rund um die Buchten am Weißenbach. ,,Anstandsverletzendes Verhalten wird durch die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck nach dem oberösterreichischen Polizeistrafgesetz und dem Sicherheitspolizeigesetz bestraft“, steht dort, neonfarben umrundet. Erlaubt ist, was die „allgemein anerkannten Grundsätze der guten Sitte“ nicht gefährdet.
Bis auf die Warnhinweise erinnert heute allerdings wenig an die wilde Vergangenheit des Weißenbachtals – ruhig fließt der Bach Richtung Attersee, nur ab und zu streifen Gruppen nackter Menschen durch das Flussbett, auf der Suche nach einem sonnigen Plätzchen. Einige tragen Liegestühle, ganz Mutige tauchen die Zehen ins kalte Wasser. Ein Pärchen gibt sich einen Kuss, kurz, dann drehen sich beide wieder zur Sonne. Weder Anstand noch gute Sitten werden hier verletzt.
Die Maßnahmen zeigten Wirkung. ,,Es gab 2016 überhaupt keine Vorfälle, keine Anzeigen, gar nichts“, bestätigt Helmut Auerbach von der Gemeinde Steinbach am Attersee. Auch in den Internetforen kommentieren enttäuschte Swinger*innen und Exhibitionist*innen, dass das Weißenbachtal lange kein Geheimtipp mehr sei, wenn auch aus anderen Gründen. .,Wenn Plätze öffentlich genannt werden, tummeln sich nach kurzer Zeit nur massenweise Spanner und aufdringliche Typen“, ist dort etwa zu lesen. Und: ,,Es bringt doch nix, wenn zehn Männer mit ihren Schwänzen direkt vor dem Gesicht eines Pärchens herumwedeln“. Der Reiz fürs öffentliche Vögeln mag zwar verloren gegangen sein, der FKK-Bereich ist aber noch genauso ruhig und idyllisch wie noch vor ein paar Jahren.
Das Weißenbachtal ist damit nicht nur ein qwantes Ausflugsziel für heiße Sonntage, sondern vor allem eines: Ein Platz, wo Seele und Eier gemeinsam baumeln.
Zur Info
Dieser Artikel ist QWANT-Magazin (Ausgabe 2/ Sommer 2017) erschienen. Danke an Vanessa Graf, die sich mit Stift, Block und Kamera auf die Suche nach Swinger*innen gemacht hat.