So stehen Salzburgs Politiker*innen zur Wohnungslosigkeit

Wohnungslosigkeit

ACHTUNG, DIESER BEITRAG IST VERALTET! BITTE ÜBERPRÜFE, OB DIE DARIN ENTHALTENEN INFOS NOCH AKTUELL SIND. WIR KÜMMERN UNS SOBALD WIE MÖGLICH UM EINE AKTUALISIERUNG!

Obdachlos sein ist Oasch. Sich die Miete nicht leisten können auch! Laut einer aktuellen Studie des Forums Wohnungslosenhilfe haben in Salzburg rund 1.800 Menschen aus verschiedenen Gründen kein Zuhause. Das Thema beschäftigt die lokale Politik – und uns beschäftigt es, was diese dazu zu sagen hat.

Das Forum Wohnungslosenhilfe ist ein Netzwerk von Salzburger Institutionen, die tagtäglich mit dem Thema Wohnen zu tun haben und zwar in all seinen Facetten: Von der Versorgung Obdachloser bis zur Beratung von Menschen, bei denen das Einkommen nicht einmal für die Miete reicht. Das Forum hat vor kurzem Vertreter*innen der lokalen Politik zu einer gemeinsamen Diskussion eingeladen. Die Themen: Wohnen und wohnpolitische Perspektiven und Vorhaben. Wir waren dabei und haben uns angehört, was die Salzburger Gemeindepolitiker*innen zu sagen haben.

#1 Was halten Sie davon, das Recht auf Wohnen im Stadtrecht zu verankern und welche Möglichkeiten sehen Sie hier?

In manchen Städten wurde das Recht auf Wohnen in der Landesverfassung verankert, zum Beispiel in Basel. Das bedeutet, dass sich Bürger*innen ohne Wohnung auf dieses Recht berufen können und es Aufgabe der Stadt ist, ihnen eine Wohnung zur Verfügung zu stellen. Dieses Recht gibt es in Salzburg derzeit nicht.

Lukas Rösslhuber, NEOS: „Grundsätzlich wollen wir als Stadt Salzburg allen Personen eine würdige Unterkunft bieten. Dazu braucht es den kommunalen Wohnbau durch gewerbliche Bauträger, um geförderte Mietwohnungen anbieten zu können. Andererseits muss man darüber nachdenken, als Stadt Salzburg wieder Wohnungen zu bauen.“

Martina Berthold, Die Grünen: „Menschen brauchen leistbare Wohnungen. Es finden sich auf europäischer Ebene an vielen Stellen Grundlagen, die ganz klar von einem Menschenrecht auf Wohnen ausgehen. Unser Ziel ist es, die Wohnbedürfnisse der Menschen abzudecken. Ich bin gegen eine bevorzugte Wohnungsvergabe an Menschen, die ehrenamtlich arbeiten und sehe es kritisch, wenn das Wohnrecht an Deutschkenntnisse geknüpft wird.“

Anja Hagenauer, SPÖ: „Die Stadtverfassung wird nicht von der Stadt, sondern vom Land gemacht, deshalb hat die Stadt hier kein Mitspracherecht. Wohnen ist ein Menschenrecht und Salzburg ist eine Menschenrechtsstadt. Wir bemühen uns mit vielen Maßnahmen, aber es wird niemals eine 100%ige Wohnversorgung für alle geben. Das werden wir nie erreichen, das ist die Realität.“

Renate Pleininger, FPÖ: „Jeder hat ein Recht auf Wohnen, das ist keine Frage. Die Gesetzeskompetenz, ein Recht auf Wohnen im Stadtrecht zu verankern, liegt nicht bei der Stadt. Wir müssen andere Maßnahmen ergreifen. Wohnraum kann lukriert werden, indem die Stadt Baugründe kauft und diese bebauen lässt. Andere Lösungen wären eine Überbauung der Discounter, zwingend vorgeschriebene Tiefgaragen und weniger oberirdische Parkplätze.“

Christoph Fuchs, ÖVP: „Das Recht auf Wohnen gesetzlich zu verankern ist nicht zielführend, weil die Bundesverfassung ohnehin überfrachtet ist. Die Vergabepolitik ist aus meiner Sicht der Schlüssel, um soziale Treffsicherheit zu gewährleisten. Das Recht auf Wohnen ist genauso zu sehen, wie das Recht, ein Lebensumfeld zu haben, versorgt zu werden, etc. Es ist ein umfassender Begriff, aber um gut zu leben, gehört natürlich viel dazu.“

Kay-Michael Dankl, KPÖplus: „Wohnen ist eigentlich das Hauptthema unserer Partei. Ich bin klar dafür, dass man das Recht auf Wohnen in der Verfassung verankert. Wer z.B. in Schottland unverschuldet eine Wohnung verliert, hat grundsätzlich einen Anspruch, von der Stadt eine andere Wohnung zu erhalten. Ich frage mich: Was ist die Alternative zu einem Recht auf Wohnen, das in der Verfassung verankert ist? Es braucht Druck von unten, von Initiativen und Betroffenen, damit sich hier etwas tut.“


Warum ist Wohnen in Salzburg so teuer?

Hier geht es zu unserem Artikel über die Gründe für Salzburgs angespannte Wohnraumsituation.


#2 Ist es möglich eine diskriminierungsfreie Vergabe zu realisieren? Wie stehen Sie zur neuen Form der Vergabe?

Es gibt in Salzburg weniger geförderte Mietwohnungen, als Bewerber*innen. Deshalb ist die Vergabepolitik eine der wesentlichsten Fragen der kommunalen Wohnungspolitik. Auf gut Deutsch geht es um die Frage: Wer bekommt eine Wohnung und wer nicht? Die neuen Vergaberichtlinien schreiben u.a. einen durchgängig fünfjährigen Hauptwohnsitz oder insgesamt 15 Jahre Hauptwohnsitz in der Stadt Salzburg vor.

Lukas Rösslhuber, NEOS: „Nachdem 2015 die Anzahl an Neuanträgen durch Aslywerbende stark angestiegen ist, hat man überlegt, die 5-jährige Residenzpflicht einzuführen. Wir haben das sehr kritisch gesehen und vorgeschlagen, die 5-jährige Residenzpflicht nur auf Neuanträge zuzulassen. Ergänzend dazu müssen in Zukunft die Einkommensgrenzen gesenkt werden, damit diejenigen, die wirklich wenig Geld haben, auch tatsächlich eine Wohnung zugeteilt bekommen.“

Martina Berthold, Die Grünen: „Wir haben gegen die neuen Vergaberichtlinien gestimmt. Einige Punkte wurden gut erarbeitet, aber uns fehlen moderne, transparente und faire Vergaberichtlinien. Deutschkenntnisse sind wichtig, aber ein Grundbedürfnis darauf aufzuhängen, lehnen wir ab. Die Erhöhung der Residenzpflicht von drei auf fünf Jahre haben wir nicht mitgetragen und die Befristung der Mietverträge auf 10 Jahre lehnen wir ebenfalls ab. Eine einkommensabhängige Miete führt dazu, dass in den Quartieren nur die wirtschaftlich Schwächeren bleiben.“

Anja Hagenauer, SPÖ: „Die Vergaberichtlinien sollen so weit wie möglich treffsicher, transparent und gerecht sein. Wir haben die Residenzpflicht von drei auf fünf Jahre gehoben, um EU-Bürger nicht mehr zu diskriminieren. In den letzten Jahren haben wir festgestellt, dass die Ablehnung von Wohnungen massiv zugenommen hat – zum Teil aus obskuren Gründen. Das hat uns dazu bewogen, die Richtlinien zu überarbeiten. In den neuen Richtlinien können Personen aus drei Wohnungen auswählen – so wollen wir eine hohe Treffsicherheit und weniger längeren Leerstand generieren. Bei dringlichen Spezialfällen können wir immer Ausnahmen machen, das haben wir uns in den Vergaberichtlinien vorbehalten.“

Renate Pleininger, FPÖ: „Ich kann dem nur zustimmen. Seit 1996 hatten wir die alten Vergaberichtlinien, die waren zum überarbeiten. Ich bin froh, dass das geschafft ist. Ich sitze seit 10 Jahren im Wohnungsausschuss und seitdem kämpfen wir mit den Ablehnungen.“

Christoph Fuchs, ÖVP: „Wir wollten fremdenrechtliche Aufenthaltstitel mit der Frage der Vergaberichtlinien verbinden. Das ist uns gut gelungen – wir können nicht alle wohnversorgen. Wenn Asylberechtigte 5 Jahre da sind, haben sie genauso wie ein Salzburger die Möglichkeit, einen Antrag zu stellen. Wir müssen auch auf unsere Bewohner schauen – wir können nicht die Aufgaben des ganzen Bundesgebietes übernehmen. Für ‚unsere‘ heißt nicht nach Herkunft oder Einkommen, sondern gemeint alle, die in Salzburg wohnhaft sind. Das gilt nicht für Bayern oder Innviertler, sondern für Salzburger.“

Kay-Michael Dankl, KPÖplus: „Die Vergaberichtlinien weisen Hürden für Menschen mit kleinem Einkommen im ohnehin teuren Salzburg auf. Die Verteilung zwischen arm und reich geht massiv auseinander – als KPÖplus stellen wir die soziale Frage in den Mittelpunkt: Wie kann man Wohnen für alle möglich machen? Inzwischen ist Wohnen für Leute in der Mittelschicht ein Thema, die in der Stadt Salzburg keine leistbare Wohnung mehr finden. Worüber auch nicht geredet wird, ist der große Teil des privaten, profitorientierten Wohnungsmarktes.“

#3 Was verstehen Sie unter Leistbarkeit und wie kann Leistbarkeit im Bereich der kommunalen Wohnpolitik realisiert werden?

Lukas Rösslhuber, NEOS: „Mit den gestiegenen Mietpreisen ist auch die Qualität der Wohnungen gestiegen, das muss man bedenken. Aus unserer Sicht kommen wir zu mehr leistbarem Wohnraum für alle, wenn höher und dichter gebaut wird und Flächen als Bauland freigegeben werden, die wir bisher nicht angreifen (Grünlanddeklaration). Wenn neue Wohnungen gebaut werden, ist es wichtig, dass eine funktionierende Infrastruktur gegeben ist. Hierfür müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden.“

Martina Berthold, Die Grünen: „Nach Abzug der Wohnungskosten müssen für den täglichen Bedarf etwa 830 Euro zur Verfügung stehen. Hier orientieren wir uns am Referenzwert der BAWO 2018, der ausgearbeitet wurde. Es werden etwa 320 geförderte Wohnungen pro Jahr gebaut, aber der Bestand an Wohnungen ohne Hauptwohnsitz vergrößert sich laufend. Wir haben 4.000 Leerstände in der Stadt – wir fordern ein Hauptwohnsitzgebot. Zum Thema Airbnb: Hier braucht es eine klare Reglementierung.“

Anja Hagenauer, SPÖ: „In den letzten Jahren wurden viele Wohnungen neu gebaut. Im Laufe der Jahre haben sich die Lebensrahmenbedingungen verändert. Viele Menschen leben alleine oder ziehen früh aus dem Elternhaus aus. Das Bedürfnis nach Wohnraum wächst. Wir beschränken den Begriff Wohnen nicht nur auf die eigenen vier Wände – Wohnen heißt Leben. Es müssen Rahmenbedingungen für Salzburger geschaffen werden, die das Wohnen und Leben angenehmer machen. Dazu gehören Kindergärten in Reichweite, Grünraum rund um die Wohnung, soziale Einrichtungen, Freizeitangebote, etc. Dadurch mache ich Wohnen attraktiver.“

Renate Pleininger, FPÖ: „Die FPÖ stimmt der Forderung zu, dass die Mietkosten nicht mehr als ein Drittel des Einkommens ausmachen dürfen. Betriebskosten müssen bei der Berechnung der Wohnbeihilfe in die Miete einkalkuliert werden. Meistens sind die Hälfte der Miete bereits Betriebskosten. Beim Neubau von Wohnungen muss das Einsparungspotenzial genutzt werden, die ganze Bauweise muss überdacht werden. Die FPÖ lehnt eine Leerstandsabgabe ab. Das Recht auf Eigentum ist im Gesetz verankert und eine Leerstandsabgabe oder ein Zwang zur Vermietung würde einer Enteignung gleichkommen.“

Christoph Fuchs, ÖVP: „Wir haben in der Stadt 25.000 Nebenwohnsitze, z.B. Studentenwohnungen oder Wohnungen von Berufspendlern – das sind keine Zweitwohnsitze. Bei einer Hauptwohnsitzpflicht besteht die Schwierigkeit darin, diese zu überprüfen. Man müsste viele Ausnahmen vom Hauptwohnsitzgebot machen. Es braucht Lösungen bei den Problemfeldern Zweitwohnungen, touristische Nutzung von Wohnungen und Vergabepolitik.“

Kay-Michael Dankl, KPÖplus: „Das Ziel muss sein, dass die Miete nicht mehr als ein Drittel des Einkommens ausmacht. Es gibt in Salzburg im Winter genug Leute, die sich entscheiden müssen, ob sie heute einheizen oder das Licht einschalten sollen. Das sind reale Fälle. Lösungen sind beispielsweise eine Leerstandsabgabe oder eine Beschränkung der Zahl der Wohnungen, die über Airbnb vermietet werden. Es braucht einen Druck von unten, von den Betroffenen, damit die Instrumente, die da sind, auch genutzt werden.“


Titelbild: Photo by Kevin Fernandez on Unsplash

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