#selflove: Warum lieben sich plötzlich alle selbst?

ACHTUNG, DIESER BEITRAG IST VERALTET! BITTE ÜBERPRÜFE, OB DIE DARIN ENTHALTENEN INFOS NOCH AKTUELL SIND. WIR KÜMMERN UNS SOBALD WIE MÖGLICH UM EINE AKTUALISIERUNG!

Diesen Text haben wir für das neue Fenster – das Stadt Magazin geschrieben. Schaut’s da mal rein, wenn ihr es im Postkastl findet, wir sind nämlich das ganze Jahr mit lauter gscheiden Sachen mit dabei. Uuund auf der Instagram-Seite vom Fenster findet ihr ein massiv schoafes Foto von Eva und ihrer Interpretation der Aufgabenstellung, „frech“ zu schauen. Gänsehaut! 


Egal ob auf Instagram oder im Buchhandel: Self-Love scheint neuerdings ganz oben auf unserer Bedürfnispyramide zu stehen. Influencer sagen uns täglich, wofür sie dankbar sind und fordern uns auf, es ihnen gleich zu tun. Aber warum eigentlich?

Neulich auf dem Weg von Wien nach Salzburg. Damit mir im Zug nicht fad wird, schaue ich in der Bahnhofsbuchhandlung vorbei. Als ich durch die Abteilung mit den Sachbüchern schlendere, fällt mir auf: Es stehen unzählige Ratgeber zum Thema Selbstliebe im Regal. „The Self Love Experiment“ heißt es da. Oder „Von der Magie, deine eigene Heldin zu sein: Ein Selbstliebe-Kompass“. Später im Zug wische ich mich durch Instagram. „Liebe deinen Körper“, rät mir eine Influencerin, während sie sich in eine für mich undurchführbare Yoga-Pose biegt. Eine andere erklärt ihrer eigenen Handykamera, wie wichtig es sei, seinen dicken Bauch gut zu finden. Dabei ist ihr Bauch gar nicht dick. #selflove #dankbarkeit und #blessed lese ich gefühlt unter jedem dritten Foto. Ich wundere mich: Seit wann dreht sich in meinem Newsfeed alles um das Thema Selbstliebe? Und was haben wir davon, wenn wir achtsamer und liebevoller mit uns selbst umgehen?

Die Beschäftigung mit uns selbst boomt

„Wenn man sich die Themen anschaut, die größere Blogger aufgreifen, dann geht es darin ganz viel um Achtsamkeit, moderne Spiritualität, Yoga oder Meditation“, bestätigt Kathie Job meinen Verdacht, dass die Auseinandersetzung mit dem eigenen Ich aktuell Hochkonjunktur hat. Die Salzburgerin ist Mitherausgeberin der von ihr erfundenen Me:treat Guides. Diese E-Books leiten Menschen an, innerhalb von 48 Stunden richtig loszulassen und sich selbst etwas Gutes zu tun. Me:Treats, das sind Mini-Ferien vom Alltag für alle, denen die Zeit oder das Geld für ein Yoga-Camp auf Bali fehlt. Dabei spielen auch Übungen zu Selbstliebe und -akzeptanz eine wichtige Rolle, erklärt Kathie. Dass diese Themen viele Leute interessieren, verraten auch die Download-Zahlen der Guides. Denn das Produkt verkauft sich vom Start weg ausgezeichnet.

„Man lernt sehr viel, wenn man sich fragt, wer man eigentlich ist“

Eine Auszeit für mich selbst klingt gut, finde ich. Was aber habe ich davon, wenn ich mich so intensiv mit mir selbst auseinandersetze? „Man lernt sehr viel, wenn man sich fragt, wer man eigentlich ist“, sagt Kathie. Das helfe nicht nur im Privaten weiter, sondern auch im Beruf. Höchstleistungen könne man nämlich nur dann erbringen, wenn man selbst in der eigenen Mitte sei. Warum aber braucht genau die „Generation Instagram“ diese Wertschätzung fürs eigene Ich so sehr? „Weil wir permanent unter Druck stehen, herauszustechen und das Leben zu etwas Besonderem zu machen“, vermutet Kathie. Das könne schnell zur Überanstrengung und im schlimmsten Fall ins Burnout führen. Wer auf sich selbst achtet, sei weniger gefährdet. „Auch das ist nämlich Selbstliebe: einfach mal Nein zu sagen“, ergänzt Kathie.

Mehr Selbstliebe als Reaktion auf den ganzen Druck von außen also. Als Antwort auf die gesteigerten Erwartungen an uns selbst. Das leuchtet mir ein. Aber kann man es mit der Self-Love auch übertreiben? Anders gesagt: Ab wann wird Selbstliebe zur Selbstverliebtheit? Mit diesen Fragen wende ich mich an die Salzburger Psychotherapeutin Ursula Ramsauer.

Selbstliebe oder Selbstverliebtheit: ein schmaler Grat

Dem Buzzword „Self love“, sagt sie, könne man durchaus kritisch gegenüberstehen. Klar sollen wir lernen, uns selbst wertzuschätzen, zu wissen, wer wir sind, was wir können und was nicht. „Das heißt aber nicht, dass ich es lieben muss, wenn ich zum Beispiel eine Chaotin bin und in meinem Büro ständig das Chaos herrscht“, lacht Ramsauer. Sich selbst lieben oder wertschätzen sei ein sehr subjektiver Prozess, ein „Nach-Innen-Schauen“. Was wir auf Instagram und Co erleben, sei aber genau das Gegenteil davon. Dort würden uns von außen Zwänge auferlegt: Was wir essen oder wie wir unsere Wohnzimmer einrichten sollen, wie die perfekte Mutter zu sein hat. Und neuerdings eben auch, wie wir mit unseren Fehlern umzugehen haben.

„Uns wird von außen vorgegeben, dass und wie wir uns selbst lieben müssen.“ Der nächste Druck also, mit dem wir lernen müssen, umzugehen. „Als Psychotherapeutin würde es mir reichen, wenn meine Patienten sich wertschätzen“, erklärt Ramsauer. Sich selbst zu lieben, das sei schon wieder so etwas Großes.

Ich glaube, ich habe verstanden: Selbstliebe ist nur dann möglich, wenn es eine ehrliche Auseinandersetzung mit mir selbst ist. Und die können mir weder Ratgeber noch Influencer mit guten Absichten abnehmen. Ganz im Gegenteil: Wer die eigene Wertschätzung von Likes abhängig macht, kommt von der Selbstliebe schnell in die Selbstverliebtheit. Und wir wissen alle, was dem armen Narziss in der griechischen Mythologie passiert ist: Er konnte sich von seinem eigenen Spiegelbild nicht losreißen und ist am Ende vor lauter Selbstverliebtheit gestorben.


Fräulein Flora im Fenster

Dieser Artikel ist zuerst im Fenster – das Stadt Magazin (Ausgabe Februar 2020) erschienen. Wir dürfen uns nämlich dieses Jahr als Schreiberlinge im neuen Magazin versuchen und freuen uns voll drüber. Was wir damit sagen wollen: Schaut’s doch auch mal ins Fenster, wenn es bei euch im Postkastl landet und winkt uns zu!

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