Salzburgs Straßennamen: Viele Männer, wenige Frauen und jede Menge alte Nazis

Strassennamen in Salzburg

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Salzburg in Zahlen

1.145 Straßen und Plätze gibt es in Salzburg
566 tragen den Namen von Einzelpersonen
37 Straßen sind nach Frauen benannt
46 Straßen sind nach Personen benannt, die nachweislich Mitglieder der NSDAP waren, bei 37 davon konnten Mitgliedsnummer und Beitrittsdatum eruiert werden.*

Illustration: Ari Ban

Blumen, Wohltäter und natürlich Mozart

Es muss ja nicht immer eine Persönlichkeit sein. Deshalb gibt es in Salzburg verschiedene Straßenzüge, die nach einem bestimmten Thema benannt sind. So zum Beispiel in Lehen, wo die Straßen hinter dem ehemaligen Stadion Blumennamen tragen. Oder in Salzburg Süd, wo große Wohltäter wie Henry Dunant und Albert Schweitzer verewigt wurden. In Taxham benannte man einen ganzen Straßenzug nach Pionieren der Luftfahrt. In Leopoldskron stehen die Straßen unter dem Motto Mozart & Friends.

Wenn Plätze wandern

Dass Straßen und Plätze von einem Ort an den anderen wandern, geschieht selten. Der Robert-Jungk-Platz hat eine solche Umsiedlung mitgemacht. Früher befand er sich in der Imbergstraße, gleich neben der Monkeys Bar. 2014 wurde er ins Stadtwerk Lehen verlegt, wo sich heute auch die gleichnamige Bibliothek befindet. Benannt ist er nach dem berühmten Zukunftsforscher und Aktivisten Robert Jungk, der in Salzburg lebte und heute am jüdischen Friedhof in Aigen begraben liegt.

Blutrünstige Erzbischöfe

Man kann davon halten, was man will, aber die Erzbischöfe gehören zu Salzburgs Geschichte nun mal dazu. Rund zwanzig davon hat die Stadt durch Straßenbenennungen geehrt. Wir alle kennen natürlich Wolf Dietrich, Rupert oder Markus Sittikus, über die es viele nette Legenden gibt. Weniger bekannt ist aber der Erzbischof Firmian. Seine Herrschaft war eines der dunkelsten Kapitel der Salzburger Geschichte, denn er ließ 1731 und -32 die Protestant*innen aus Salzburg vertreiben. 20.000 Menschen mussten das Land verlassen, hunderte starben, ganze Landstriche blieben entvölkert zurück. Seine Straße befindet sich in Leopoldskron, wo auch das in seinem Auftrag erbaute Schloss steht.

Zeugnisse der Täter

Salzburgs braune Vergangenheit klebt auch an den Straßenschildern. Bestes Beispiel ist die Josef-Thorak-Straße. Der Bildhauer war nicht nur Hitlers Lieblingskünstler, sondern ein echter Vorzeigenazi: Er ließ sich von seiner jüdischen Frau scheiden, um seine Karriere voranzutreiben, trat der NSDAP bei, profitierte vom NS-Kunstraub, beriet die SS im Konzentrationslager Dachau und inspizierte persönlich die Häftlinge. Zur Verantwortung gezogen wurde Thorak dafür nie. Im Gegenteil: Seine Werke stehen bis heute im Kurgarten und in Aigen ist eine Straße nach ihm benannt. Seit Jahren setzen sich Persönlichkeiten fast aller politischen Gesinnungen dafür ein, die Josef-Thorak-Straße umzubenennen. Bisher vergeblich. Damit ist Thorak kein Einzelfall: Mindestens 46 Straßen sind in Salzburg nach prominenten NSDAP-Mitgliedern benannt.

Und Zeugnisse des Widerstandes

Anhand der Straßennamen lässt sich feststellen, was einer Gesellschaft wichtig ist. In Salzburg beschloss der Gemeinderat bereits 1988, bei der Benennung neuer Straßen vor allem Frauen und Widerstandskämpfer*innen zu berücksichtigen. Ein Beispiel dafür ist die Rosa-Hofmann-Straße. Die Näherin organisierte in Salzburg eine Widerstandsgruppe und wurde 1943 ermordet. Ihre Straße befindet sich in Maxglan, nicht weit von ihrem früheren Wohnhaus entfernt. Auch die mutige Ordensschwester Anna Bertha Königsegg hat eine Straße erhalten. Sie leistete Widerstand gegen die NS-Euthanasieaktion der Nazis.

Geliebter Nestbeschmutzer

Es ist keine große Überraschung, dass Salzburg eine Straße nach seiner liebsten Lästerschwester Thomas Bernhard benannt hat. Verblüffend ist jedoch die Lage: Statt in der repräsentativen Altstadt befindet sich die unscheinbare Gasse ausgerechnet in Lehen. Hier befand sich früher die Scherzhausfeld Siedlung, in der Thomas Bernhard eine Lehre absolvierte, nachdem er das Gymnasium geschmissen hatte. Ausgerechnet in diesem damals schlechtesten Teil von Salzburg fühlte er sich besonders wohl, wie er in seinem Buch „Der Keller” erzählt. Deshalb trauen wir uns zu behaupten: der Ort seiner Straße wäre ganz im Sinne Bernhards. Schimpfen würde er aber sicher trotzdem.

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Der Wedding-Planner

Etwas fürs Herz: In seinem Testament bestimmte ein Mann namens Anton Hochmuth, dass nach seinem Tod 1883 jährlich zwei Salzburger Paare kostenlos zur Hochzeit ausgestattet werden sollen. Warum, das wissen wir leider nicht. Nett war es trotzdem. Seine Straße befindet sich im Stadtteil Riedenburg.

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*Stand 2019. Dieser Artikel wurde zuerst im QWANT, Ausgabe Jänner/2019 publiziert.

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