Wir haben bekanntlich eine Affinität für Sprache und das Internet. Die Schlussfolgerung, Sprache gepaart mit Internet zu lieben, bleibt deshalb nicht aus. So haben wir uns diese Woche auf die Suche nach Wörtern gemacht, die in den Abgründen des Internets entstanden sind.
Unsere Lehrer*innen von damals würden die Ausdrücke rotgewellt untermalen und unsere Oma den jungen Leuten einen allgemeinen Werte- und Sprachverfall diagnostizieren. Trotzdem bedeuten sie für uns aber eine Bereicherung unseres Alltags und bringen endlich Zustände zur Sprache, für die das bisherige Deutsch keine Beachtung fand. Bevor sie also Deutschprofessor Duden vor den Toren abweist, müssen diese Schätze hier nochmal zur Schrift gebracht werden:
Chantalismus, der
Ferner auch unter Kevinismus vorzufinden. Chantalismus bezeichnet anfangs satirisch gemeint das Phänomen, dass Menschen aus bildungsfernen Schichten ihren Kindern anglo-amerikanische Namen geben. Die gnadenlose Internetcommunity hat sich freudig darauf gestürzt und Kevin zum Lieblingsopfer auserkoren. Studien zufolge haben es Kevin und Co aber auch im echten Leben schwerer: Auf Singlebörsen zum Beispiel gehen sie meistens leer aus.
AnswerLikeKurz
Unter dem Hashtag AnswerLikeKurz hat man in den letzten Monaten eifrig über den verschleiernden Antwortstil des Kanzlers getwittert. Fragen entweder eloquent zu umschiffen kann ja schließlich in jeder Lebenslage nützlich sein. Ein Beispiel gefällig?
Was möchtest du heute essen, Katharina?
Ich bin froh über diese Frage. Essen ist ja ein primäres Bedürfnis der vis naturalis des Menschen. Ich hab immer schon gesagt: Essen ist ein wichtiger Bestandteil unserer Kultur.Wir müssen daher unsere Außengrenzen sichern#AnswerLikeKurz
— Katharina W. (@Nasobem_lyricum) 1. März 2018
Tweetokratie, die
Wo wir auch schon bei Twitter angelangt wären. Weil sich nicht nur Trump liebend gerne auf Twitter auslässt, sondern viele Politiker*innen Social Media für sich entdeckt haben, musste der Wortschatz um diesen Begriff erweitert werden.
Mansplaining, das
Mit ihrem Bestseller Men explain things to me hat Rebecca Solnit die MeToo- Debatte um eine bittere Nuance erweitert. Sie beschreibt die Eigenart gewisser Männer, sich im Gespräch gegenüber Frauen für kompetenter zu halten und ihnen auf selbstgefällige Art und Weise herablassend zu begegnen. Äußert sich beispielsweise darin, die Frauen permanent auszubessern und zu unterbrechen. We don’t like.
Orbiting, das
Selbst nach dem tragischen Phänomen Ghosting scheinen die Arschloch-Attitüden im Dating sich immer wieder neu zu erfinden. Orbiting ist nämlich die neue Version der Abstoßung und Anziehung, die unentschlossene Datepartner*innen anwenden. Bekanntschaften, die den Kontakt zwar abbrechen, auf sozialen Netzwerken aber immer mal wieder ein Like oder nichtige Kommentare hinterlassen, zählen zu den Täter*innen. Dabei hat uns doch das Benching seinerzeit schon schmerzhaft spüren lassen, wie unfair es ist, seine Dates warmzuhalten.
Post- Swag, der
Nachdem Moneyboy das Zeitalter des Swags eingeläutet hat, ist nun die nächste Ära hereingebrochen. Die nächste Rapgeneration steht in den Startlöchern, mit übertriebenem Auftreten und Überstilisierung der eigenen Person. Rapper wie Young Krillin machen das auch noch im Ösi-Slang so gut, dass sie dem Post-Swag auch in Salzburg den roten Teppich ausgerollt haben.
Trumpoganda, die
Das Kofferwort aus Trump und Propaganda hat sich mittlerweile etabliert, um die ambivalente Regierungsmethode eines berühmten Präsidenten zwischen Provokation, Ablenkung, Widerspruch und Falschinformation zu benennen.
Merkelizer, die
Merkels Lieblingspose hat einen eigenen Namen. Was früher unter Merkelraute bekannt war, wurde mittlerweile dank englischem Einfluss durch Merkelizer abgelöst. Ein eigenes t-Shirt wurde übrigens auch nach dieser inspirativen Geste entworfen: schlichter und klassischer Schnitt, präzise Linienführung.