Vor zwei Wochen haben wir euch gefragt, was ihr aktuell so tut. Dabei ist uns aufgefallen, dass dreiviertel der Antworten waren: Couch liegen, Netflix, putzen, kochen, sich ab und zu umdrehen (wenn es sein muss). Wer sind dann aber das Viertel in Salzburg, das sich jetzt den Arsch abrackert? Zum Beispiel Sigrid: Sie ist Apothekerin.
Corona ist ja das Unwort des Jahres – jetzt schon. Was verbindest du mit dem Wort?
Unseren tollen „Corona-Stempel“, den dürfen wir jetzt auf jedes Rezept, das per Fax oder Mail an uns gesendet wird, raufstempeln. Aber es bedeutet auch für mich, dass ich meine Sozialkontakte einschränken muss. Zum Glück habe ich die besten Kolleginnen der Welt, die jetzt meine einzigen Kontakte sind. Das bedeutet auch viel telefonieren mit Familie und Freunden und diesen Wahnsinnszusammenhalt, wenn zum Beispiel die Mama einer Kollegin einen Kuchen für uns in die Apotheke bringt. Vielleicht haben wir diese Krise auch gebraucht um uns wieder „näher“ zu kommen und mehr zu schätzen was wir aneinander haben?
Du bist Apothekerin: Was hat sich für dich im letzten Monat verändert?
Eigentlich hat sich meine gesamte Arbeitssituation verändert, nicht nur, dass wir jetzt eine Plexiglaswand zwischen den Kunden und uns haben, den ganzen Freiwahlbereich abgesperrt haben. Das ist der Bereich in der Apotheke, wo sich die Kunden Waren, wie z. B. Kosmetik oder Nahrungsergänzung und Tees selbst nehmen können. Wir arbeiten mit Maske und es dürfen sich nur mehr 3 Kunden gleichzeitig in der Apotheke befinden. Für mich als Schwangere bedeutet es, dass ich nicht mehr im direkten Kontakt zu Kunden stehen darf. Vor der Schwangerschaft war meine Hauptaufgabe die Kundenberatung und der Verkauf von Arzneimitteln, in der „neuen Situation“ bin ich nun nur mehr im Backoffice, das heißt, ich unterstütze die PKAs (Pharmazeutisch Kaufmännische Assistenten) in der Warenwirtschaft, beim zusammenrichten der Fax- und Mailrezepte und im Telefondienst. Trotz allem bin ich wahnsinnig froh, auch während dieser schweren Zeit, einen krisensicheren Job zu haben.
Arbeitest du mehr als zuvor?
Ich arbeite weiterhin in meinem normalen Stundenausmaß. Vor der Schwangerschaft habe ich ca. 2 Nachtdienste im Monat zusätzlich gemacht, diese fallen aber jetzt auch weg.
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Mit welchen Anliegen kommen die Kund*innen jetzt zu dir?
Die Anliegen sind eigentlich die Gleichen geblieben, aber viele Kunden sind sehr ängstlich geworden. Es wird sehr viel Desinfektionsmittel gekauft, auch Masken würden die Kunden gerne kaufen, aber da sieht die Lieferbarkeit derzeit sehr schlecht aus.
Hast du manchmal Angst, dass dich jemand ansteckt?
Eigentlich nicht, ich habe mich bewusst für einen Gesundheitsberuf entschieden. Die Gefahr, dass man sich ansteckt, gibt es nicht erst seit Corona. Wichtig ist die richtige Händehygiene und ein gesundes Immunsystem. Natürlich kann man damit die Gefahr nicht beseitigen, aber zumindest minimieren, mit einer ausgewogenen, gesunden Ernährung und Vitaminen kann man sein Immunsystem sehr gut stärken.
Was sind deine neuen Herausforderungen?
Durch die Veränderung meines Einsatzgebietes, habe ich mir wieder viele Sachen zurück in meinen Kopf rufen müssen, sei es Rezepte zu taxieren oder auch die Warenübernahme. Wichtig ist es einfach, dass alle Bereiche im Betrieb super zusammenarbeiten, denn nur so kann den Kunden eine optimale Versorgung mit den dringend nötigen Arzneimitteln gewährleistet werden.
Was verstehen die Leute gerade gar nicht?
Dass es gerade keine oder nur sehr wenige Schutzmasken auf dem Markt gibt. Und leider auch, dass ältere Leute, die eigentlich in die Gruppe der Gefährdeten gehören, nicht lustig herumspazieren sollten und zum „Shopping“ in die Apotheke kommen, weil ja sonst gerade nix offen hat. Es gibt so viele nette Nachbarn bei uns im Ort, zum Beispiel die Landjugend, die Botengänge oder Einkäufe für Risikopersonen machen. Es wäre wünschenswert, wenn diese Nachbarschaftshilfe auch angenommen wird.
Wie geht es dir gerade in der Arbeit? Und wie nehmen deine Kolleg*innen die Situation hin?
Es ist teilweise sehr stressig, aber ich habe das Glück in einem enorm tollen Team arbeiten zu dürfen. Wir unterstützen uns gegenseitig so gut es geht, lachen miteinander und machen das Beste aus der Situation. Es gab noch keinen Tag, auch nicht vor Corona, wo ich nicht gerne in die Arbeit gegangen bin. Ich kann wirklich voller Stolz sagen, dass ich meinen Job liebe und wirklich nichts lieber machen würde. WIR SIND FÜR EUCH DA! BITTE BLEIBT IHR FÜR UNS ZU HAUSE!
Worauf freust du dich am meisten, wenn das alles vorbei ist?
Auf meine Familie, meine Schwester lebt in Wien und ich vermisse sie wahnsinnig, auf Kaffee Dates mit Freunden und auf Babysachen shoppen mit meinem Mann.