Ab und zu liebe ich es, Portale wie den Business Insider oder den Business Punk zu lesen. Dabei springen mir dann Headlines ins Auge: „Wie du deine Karriere boostest“ oder „Diese 10 Dinge machen alle erfolgreichen Menschen vor 9 Uhr in der Früh“. Ich liebe diese Clickbaits, habe alle gelesen und werde auf solche Artikel klicken, bis entweder ich oder das Internet tot sind.
Ich denke viel über das Thema „Karriere“ nach. In meinem erweiterten Bekanntenkreis gibt es erfolgreiche Startup-Gründer*innen, die wahnsinnig viel arbeiten. Und es gibt Menschen, die sich aus dem Nichts zur Abteilungsleitung hochgearbeitet haben oder Teamleiter*innen geworden sind. Und jetzt, mit Anfang 30, sehr strategisch darüber nachdenken, was die nächsten Schritte für ihre Karriere sein müssen, um weiterzukommen.
Du kommst als Trottel in die Firma, nervst mit deiner Inkompetenz und deinem Nichtwissen erstmal alle, nimmst aber dann regelmäßig Jause und Kuchen mit, verstehst mit der Zeit ein wenig, was du da eigentlich machen sollst.
Ich weiß nicht (mehr), was dieses Wörtchen „weiterkommen“ bedeuten soll. Als ich noch in größeren Unternehmen angestellt war, schien das alles sehr leicht verständlich: Du kommst als Trottel in die Firma, nervst mit deiner Inkompetenz und deinem Nichtwissen erstmal alle, nimmst aber dann regelmäßig Jause und Kuchen mit, verstehst mit der Zeit, was du da eigentlich machen sollst. Bist eingearbeitet, beginnst Dinge zu wiederholen, alles wird leichter. Nächster Schritt? Wäre eigentlich die Beförderung. Aber wohin? Alle Plätze sind besetzt. Ergo: Bitchfight. Wenn keine Köpfe rollen, werden keine Stellen frei. Ich kann nicht mehr weiterkommen.
In meinem jetzigen Job ist „weiterkommen“ keine Option. Wir sind ein kleines Team an motivierten Menschen, die etwas – für uns und hoffentlich andere – Schönes für Salzburg auf die Beine stellen wollen. Wir rechnen nicht damit, dass unsere Arbeit unsere Schneidezähne vergolden wird. Oder dass wir in zehn Jahren in einem Penthouse residieren und Company Spending Accounts haben. Egal, wie hart wir mit unseren nicht vorhandenen Investor*innen verhandeln. Trotzdem fühle ich mich jeden Tag so zufrieden, wie noch nie in meinem Corporate Arbeitsleben davor.
Zufrieden – auch ohne Karriere?
Google sagt, Karriere bedeutet „ein erfolgreicher Aufstieg im Beruf“. Laut dieser Definition bin ich der Überloser. Da gibt’s nix nach oben, dafür darf ich ab und zu das Büro saugen, den Müll hinaustragen, Kaffee kochen und mich um die dumme Buchhaltung kümmern. Und trotzdem: Ich würde niemals mit einem CEO von Blabla tauschen wollen. Ich liebe meine Kolleg*innen. Das sind großartige Menschen mit riesigen Herzen. Ich liebe unsere Kund*innen und Partner*innen, die uns helfen, wo sie können. Ich liebe es, dass manchmal eine*r von uns weint, weil er oder so einfach ein Outlet braucht. Dass wir ab und zu sagen: Jetzt scheißen wir auf die Arbeit, wir gehen nach Hause, heute wird’s nix mehr. Dass wir uns helfen, füreinander da sind. Dass wir uns nicht gegenseitig beschuldigen, wenn mal wer einen Fehler macht.
Wer weiß, wie lange das Ganze noch weitergeht. Vielleicht noch sehr lange. In dem Fall werde ich meinen Kindern niemals erzählen können, wieso es wichtig ist, Karriere zu machen. Ich werde ihnen nie sagen können, dass es hart sein muss, weh tun muss, weil sonst ist es nichts wert. Dass es normal ist, wenn man am Abend nach der Arbeit erst mal eine halbe Stunde weinen muss, um herunterzukommen.
Nein, ich werde meinen Kindern sagen müssen, dass es schön ist zu arbeiten – wenn du ein Team hast, das du magst und eine Aufgabe, mit der du dich wohl fühlst. Und dass viel Mühe und gelegentliche Rückschläge zwar dazugehören, aber dass es nicht immer schwer sein muss. Karriere werde ich wohl nie machen. Aber das ist – so gesehen – eigentlich gar nicht so schlimm.