Kann ketogene Ernährung das Krebswachstum stoppen?

Bitte mitschreiben: Ernährung kann unsere Gesundheit beeinflussen. Ja, eh, das ist nicht neu und irgendwie haben wir das schon gewusst. Aber das, was uns die wissenschaftliche Mitarbeiterin Daniela Weber vom Uniklinikum über Zucker, Kohlenhydrate und deren Liebesehe mit Krebszellen erzählt hat, war dann doch irgendwie … erhellend. Wir haben Daniela im Labor besucht und sie zu den Vorteilen ketogener bzw. Low Carb-Ernährung befragt. Spoiler: Es geht in keinem der Sätze um den perfect Beach Body.

Full disclosure: Diesen Termin mussten wir zweimal machen

Der erste Besuch im Labor bei Daniela Weber war ganz besonders, ins Forschungslabor der Uniklinik für Kinder- und Jugendheilkunde haben wir es bisher noch nicht geschafft. Dieses Mal aber öffnete sich eine Tür nach der anderen und im Labor, wo unterschiedlichste Untersuchungen gemacht werden, hat sich Daniela für unser Foto sogar im Schneidersitz auf den Drehsessel gequetscht. Dann haben wir die ganzen Videoclips gelöscht, ups, und mussten uns  nochmal ins Labor einladen. Zum Glück, denn die Forschung der 32-Jährigen zu ketogener Ernährung und ihre Wirkung auf die Lebensqualität von Krebspatient*innen hat uns ziemlich beeindruckt. 

Im Labor mit Daniela.

Daniela Weber, wie kommt ihr überhaupt auf die Idee, dass ketogene Ernährung das Wachstum von Krebszellen beeinflussen könnte? 

Die Hypothese, dass ketogene Ernährung bei Krebs helfen könnte, kommt daher, dass Tumorzellen im Vergleich zu normalen Zellen einen veränderten Stoffwechsel aufweisen. Ein Merkmal ist, dass Tumorzellen mehr Zucker verstoffwechseln als normale Zellen. Sie weisen also eine gewisse Zuckerabhängigkeit auf und durch ketogene Ernährung senkt man die Zuckerverfügbarkeit. Aber es geht nicht nur um den Zucker, wie wir ihn kennen: Auch Kohlenhydrate werden im Körper zu Zucker abgebaut. Wenn man also weniger Kohlenhydrate zu sich nimmt, bedeutet das auch wieder: Weniger Zucker für die Krebszellen. Noch ein Punkt spricht dafür: Das Hormon Insulin wird reduziert. Man muss sich das so vorstellen: Nimmt man viel Zucker oder Kohlenhydrate zu sich, steigt der Blutzuckerspiegel und der Insulinspiegel. Insulin ist ein wichtiges Wachstumshormon – vor allem auch für Tumorzellen. Und drittens: Durch die Ernährungsumstellung stellt sich auch der Körper um und produziert sogenannte Ketonkörper – als alternative Energiequelle für unsere Organe. Ketonkörper werden von Tumorzellen weniger gut verstoffwechselt. Das Zusammenspiel dieser drei Punkte bringt uns zu der Annahme. 

Was genau ist denn ketogene Ernährung?

Ketogene Ernährung bedeutet eine Ernährung mit einer „ketogenen Ratio“ von vier zu eins, d. h. man hat vier Teile Fett und nur ein Teil Kohlenhydrate und Protein. Bei ketogener Ernährung reduziert man stark die Kohlenhydrate und isst stattdessen viel Fett. Auch das Protein wird niedrig gehaltern, denn man muss wissen: Der Körper ist schlau und kann auch aus Proteinen Zucker machen. Reduziert man Kohlenhydrate und ersetzt sie mit Protein, hat man den gewünschten Effekt auf Insulin und Blutzucker nur bedingt. Das heißt, man muss Kohlenhydrate, die man reduziert, durch Fett ersetzen.

Was ist der Unterschied zwischen Keto und Low Carb?

Low Carb ist eine abgeschwächte Variante, es ist mehr eine Lifestyle-Ernährung. Low Carb gewinnt aber immer mehr an Popularität, wahrscheinlich auch, weil es leichter umzusetzen ist als ketogene Ernährung. Bei Low Carb sind mehr Kohlenhydrate erlaubt. Ich würde sagen: Keto ist mehr im medizinischen Bereich angesiedelt, wo gewisse Behandlungen durch ketogene Ernährung verstärkt oder verbessert werden können. Es gibt Bereiche, wo ketogene Behandlung eine Ernährungstherapie ist, im Tumorbereich zeigen Studien zum Beispiel, dass eine ketogene Ernährungstherapie die Lebensqualität der Patient*innen verbessern kann und das ist auch unser Ansatz. Wir wollen verstehen, warum das so ist.

>>> Schon gelesen: Wieviele Menschen braucht es für die Therapie eines kranken Kindes?

Kann ketogene Ernährung Krebs stoppen? Oder gar heilen?

So naiv dürfen wir nicht sein, dass wir glauben, mit ketogener Ernährung Krebspatient*innen heilen zu können. Das wird definitiv nicht der Fall sein. Die Idee dahinter ist immer, die bestehenden Krebstherapien zu unterstützen. Krebstherapien haben natürlich viele Nebenwirkungen, das darf man nicht vergessen. Und da ist es ganz klar, dass die Lebensqualität von Patient*innen sinkt. Es gibt aber Evidenzen, also berechtigen Grund zur Annahme, dass sich Patient*innen durch ketogene Ernährung fitter fühlen, dass Nebenwirkungen reduziert werden, dass Patient*innen die Therapie besser vertragen. Das alles kann zu einer besseren Lebensqualität beitragen.

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Wie kommt ihr zu solchen Evidenzen? Ihr könnt das ja nicht an Patient*innen direkt ausprobieren, oder?

Wir machen präklinische Forschungen. In unserem Fall ist es so, dass wir mit Mausmodellen arbeiten. Das muss man sich so vorstellen: Wir verimpfen Tumorzellen unter die Haut der Maus, der Tumor wächst und dann bekommt ein Teil der Mäuse eine Kontrolldiät und der andere wird mit ketogener Ernährung gefüttert. Über die Zeit können wir das Tumorwachstum beobachten. Am Ende der Studie analysieren wir das Gewebe und verstehen, was die ketogene Ernährung macht. Unser nächste Ziel ist eine klinische Studie. 

Im Jänner 2025 bekommen wir die Chance, bei Krebspatient*innen die ketogene Ernährungstherapie zu untersuchen. Die Patient*innen werden sich über vier Monate ketogen ernähren. Wir hoffen, dass die Rate derer, die sich komplett an die Therapie halten, hoch sein wird. Während der gesamten Zeit werden wir sehr genau mit den Patient*innen arbeiten, viele Fragebögen füllen und schlussendlich ein Gefühl dafür bekommen, wie die Ernährung wirkt, wie Patient*innen sie empfinden, wie einfach oder wie schwierig die Umsetzung ist. Wenn wir genug Daten haben, gehen wir einen Schritt weiter und können eine größere Studie ansetzen.

Jetzt die Frage aller Fragen: Lässt sich mit ketogener Ernährung Krebs vorbeugen?

Das ist natürlich eine Fangfrage. Derzeit können wir nicht sagen, dass man mit ketogener Ernährung Krebs vorbeugen kann. So viel dazu. Wir haben Evidenzen, dass es im Sinne einer gesunden  Lebensweise Vorteile haben kann, speziell im Vergleich zur klassischen westlichen Ernährung, die aus viel Kohlenhydraten und Fett besteht. Die schlimmste Kombi, unter Anführungszeichen. Es gibt Evidenzen dazu, dass die westliche Ernährung gewisse Krankheiten bedingt, man kennt sie eh: Übergewicht, Diabetes, das metabolische Syndrom allgemein, aber ja, auch bis hin zu Krebs. Jetzt liegt es nahe, dass man durch eine Ernährungs-Veränderung auch den metabolischen Erkrankungen vorbeugen kann. Fett war ja lange der „Übeltäter“. Man hat lange gesagt, Fett macht fett. Das ist genau nicht der Fall. Fett macht nicht gleich fett. Vor allem dann nicht, wenn man die Kohlenhydrate reduziert. Der Stoffwechsel stellt sich um, das Insulin wird gesenkt, der Körper stellt auf Fettverbrennung um. Das Fett aus dem Fettgewebe wird mobilisiert, diese Fettsäuren werden dazu verwendet, um Ketonkörper zu generieren. Wenn man sich  ketogen ernährt, nimmt man viel Fett über die Nahrung auf, dadurch können auch Ketonkörper produziert werden.

Arbeiten in den Salzburger Landeskliniken

Forschung interessiert euch nicht? Macht nix. Denn: Auch wenn wir noch nie so wirklich darüber nachgedacht haben: Die Salzburger Landeskliniken bestehen nicht nur aus Ärzten, Ärztinnen und Pfleger*innen. Knapp 6.500 Personen arbeiten daran, dass wir im Fall der Fälle behandelt werden – alle auf ihre ganz eigene Art. Da gibt’s die IT, in der man über die Versorgungssicherheit nachdenkt. Da gibt’s die Reinigungskräfte, die schauen, dass alles so sauber ist, wie es sein muss. Da gibt’s die Neonatologie, auf der schon Kinder mit einem Geburtsgewicht von 350 Gramm auf die Welt gekommen sind. Wir schauen uns einige dieser Berufe an und stellen Fragen.

Übrigens: Die Salzburger Landeskliniken haben fünf Standorte, das Uniklinikum Salzburg Campus LKH und Campus CDK sowie die Landeskliniken Tamsweg, Hallein und St. Veit. Wegen dem Arbeitsweg warad’s gwesen. Daniela Weber begegnet ihr allerdings nur in der Stadt Salzburg. Sie hat sich dazu entschieden, zu ketogener Ernährung bei Krebs zu forschen. Wenn euch diese Arbeit gar nicht interessiert, seid ihr vielleicht in der Forschung falsch falsch, aber woanders goldrichtig. Wo? Das finden wir in den nächsten Wochen heraus.  

Schleichwerbung, nein danke!

Wir nehmen für unsere redaktionelle Berichterstattung niemals Geld an. Werbung gibt es beim Fräulein, aber selten. Wenn wir Werbung machen, steht das außerdem ganz klar im Titel und nicht irgendwo versteckt – deswegen ist es uns wichtig, dass ihr wisst: Dieser Artikel ist in schöner Zusammenarbeit mit den Salzburger Landeskliniken entstanden. Danke, dass ihr euch so viel Mühe gebt!

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