Das Tor blind treffen

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Torball heißt die Sportart, die blinde und sehbehinderte Menschen in Europa in ihrer Freizeit ausüben. Zwei Teams spielen gegeneinander, zwei Tore warten auf Treffer und der Ball klingelt beim Werfen. Wie das funktioniert, haben wir uns in einem Training des Blinden- und Sehbehindertenverbands Salzburg vor Ort angeschaut.

Zugegeben, die Sportart Torball ist unbekanntes Terrain für die meisten Sehenden. Verständlich, beruhigt uns Obmann Max Ott, als wir uns zum Präsportbier treffen. In Österreich gibt es mehr als fünfzig Sportarten, nur ein Bruchteil davon ist publikumstauglich. Paralympische Disziplinen und andere Behindertensportarten gehören nicht dazu. Dabei jagen die blinden und sehbehinderten Menschen seit gut dreißig Jahren Bälle ins gegnerische Tor. Um genau zu sein, seit der internationale Weltverband des Blindensports Torball in den Neunzigerjahren aufgenommen hat. Max Ott selbst spielt aber schon länger. Mittlerweile hat sich der Sport natürlich professionalisiert, das Team aus Salzburg reist durch Europa, von Berlin bis Mailand, um an Turnieren teilzunehmen.

„Aber es geht primär um den Spaß am Sport“, erklärt Max. Ein Vollblinder sei immer auf die Hilfe von anderen angewiesen, im Torball hingegen agiere man selbstständig. Das sei der springende Punkt, auch die junge Generation dafür zu begeistern. Jene nämlich, die noch zur Schule gehen und oft von überbehütenden Eltern vor neuen Erfahrungen zurückgehalten werden, sagt er. Balance, Kräftigung und Körperbeherrschung sind aber dann umso wichtiger, wenn ein so wichtiger Sinn wie die Sehkraft ausfällt.

Das sieht auch Sara so. Seit sie zwölf ist, spielt die junge Frau mit einigen Unterbrechungen Torball. Im Gymnasium verbrachte sie den Sportunterricht auf der Zuschauerbank, bis sich Lehrer*innen für geförderten Turnunterricht eingesetzt haben. Der BSV Pinzgau nimmt sie seitdem immer mal wieder nach Salzburg mit, wo sie dann der Torballmannschaft beigetreten ist. Teamsport ist ungewöhnlich für Behindertensportarten, sagt sie. Hier geht es viel um Kommunikation und Selbständigkeit. Und ja, sie hat hier ein besseres Orientierungsgefühl bekommen.

Beim Torball sind die Bedingungen für Blinde und Sehbehinderte gleich. Sehbehinderte haben eine geringe Sehkraft bist zu 10 Prozent. Alle müssen eine lichtundurchlässige Brille tragen. Und einen Brustschutz, denn das Spiel ist ein Auf und Ab zwischen Horizontale und Waagrechte. Bei Torball handelt es sich, wie bei Volleyball, um ein Rückballspiel, was soviel heißt, dass die Mannschaften in ihrem eigenen Spielraum bleiben. Nur drei Spieler*innen je Team müssen das Tor abdecken, die ein Fußballtor in der Breite weit übertrifft. Der Ball wird unterhalb von 40 cm hohen Leinen gerollt, alles andere gilt als Foul. Wird der Klingelball abgeworfen, werfen sich auch die Verteidiger*innen auf den Boden. „Die Spieldauer von zweimal fünf Minuten unterschätzt man gerne. Es ist, als würde man permanent Liegestütze machen.“

Dass Max Ott Recht damit hat, zeigt sich dann im Training. Wir beginnen mit Gymnastik und Kräftigung. Karin, die Trainerin, gibt uns eine besagte lichtundurchlässige Brille. Mit einem Reiskissen auf dem Kopf rennen wir durch die Halle, hinter dem Klatschen der Trainerin hinterher und, wie sollte es auch anders sein, verlieren wir Orientierung und Raumverständnis und taumeln der Gruppe hinterher. Umso beeindruckender ist es deshalb, im Anschluss die Sportler*innen beim Torballtraining zu sehen. Das Spiel baut auf akustischen Reizen auf, die Spieler*innen folgen dem Klingeln des Balles und werfen sich dann, wenn er sich dem Tor nähert, blitzschnell auf den Boden.

Stefan ist einer von ihnen, der sich in einer Spielpause zu uns gesellt. Die Sehnsucht nach der Bewegung hat ihn seit seiner Kindheit nicht losgelassen. In den frühen Zwanzigerjahren hat er das Skifahren für sich entdeckt. Als dann der große Boom auf den Skipisten begonnen hat, wurde es ihm zu gefährlich. „Ich habe meinen Begleitläufer kaum mehr gehört, weil es zu laut war. Außerdem waren die Skigeräusche durch den vielen Kunstschnee schlechter wahrnehmbar. Und durch die vielen Skifahrer waren die Hänge auch jedes Mal aufs Neue ausgefahren und ich konnte mir keine Schneehügel mehr einprägen.“ Irgendwann hat er es dann mit dem Ballspielen probiert und ist geblieben.

Im Verein fühlt er sich wohl. Stefan hat in Salzburg studiert, ein Praktikum bei der Stadt absolviert und ist derzeit auf Jobsuche. Leider sehen viele Unternehmen Blinde nur als Telefonist*innen, sagt er. „Die Inklusion und Integration muss von der Schule in die Arbeitswelt übergehen. Und diese Unterstützung vermisse ich an der Regierung. Es wird viel über die Kürzung der Mindestsicherung geredet, aber nie über Menschen mit Behinderung am Arbeitsplatz. Aber ich will arbeiten und dazu auch Unterstützung von Seiten der Politik bekommen. Ich bin blind, aber nicht blöd.“ Die Trainerin ruft, nimmt Stefan am Arm und führt ihn wieder auf das Spielfeld. Zeit, weiterzuspielen.


Alle, die gerne einmal Torball ausprobieren möchten, können sich übrigens hier mit dem Blinden- und Sehbehindertenverband Salzburg in Verbindung setzen.  


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