11 Fragen an Mareike Fallwickl

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Bei unserem Fräulein Flora Lesezimmer laden wir Salzburger Autor*innen ein, die in netter Gesellschaft ihren aktuellen Werke präsentieren. Den Anfang macht Mareike Fallwickl, die ihr Buch „Das Licht ist hier viel heller“ mit im Gepäck hat. Davor hatten wir aber noch ein paar Fragen an sie.

Wie bist du zum Schreiben gekommen?

Ich habe als Kind wie süchtig gelesen, auch nachts unter der Bettdecke, mit einer Taschenlampe, ich war völlig fasziniert von dieser Welt der Fantasie. Nachdem ich „Die unendliche Geschichte“ von Michael Ende gelesen hatte, hab ich gewusst: Das will ich auch. Wenn Worte so etwas können, dann will ich lernen, wie das geht. Von da an habe ich es geübt – mit 13 hab ich meinen ersten Roman auf der Schreibmaschine getippt. Bis es soweit war, dass etwas Brauchbares dabei herauskam, hat es halt noch zwanzig Jahre gedauert.

Wie sieht dein Arbeitsalltag als Autorin aus?

Mein Mann und ich teilen uns alles 50:50, wir gehen abwechselnd arbeiten oder sind bei den Kindern. So schaffen wir auch die vielen Lesereisen und Termine. Ich schreibe, wann immer die Zeit es hergibt – eine ruhige Atmosphäre, wie man das oft hört, dass man den Duft von Roibostee braucht und eine gewisse Stimmung, damit die Inspiration kommt, die habe ich nie bzw. davon habe ich mich bewusst gelöst: Das herbeizuführen, ist in meinem Alltag nicht möglich. Dazu muss ich aber auch sagen: Ich habe nicht den Alltag einer Autorin, sondern einer Mama und selbstständigen Texterin. Alles, was ich literarisch schreibe, schreibe ich nebenbei. Ich schlafe halt nicht sehr viel.

Einen Roman zu schreiben ist eine Aufgabe, die viele Autor*innen vor große Herausforderungen stellt und schon einmal in echte Sinnkrisen stürzt. Wie geht es dir damit?

Ich texte seit zwölf Jahren für die Werbebranche, und da habe ich gelernt, sehr strukturiert, am Punkt und auf Knopfdruck kreativ zu sein. Für beide Romane habe ich eine Art Fahrplan angelegt, ein Skelett. Ich wusste ganz genau, was passieren würde und wie die Geschichte ausgehen sollte. Daran habe ich mich entlanggehangelt, auch wenn zwischendrin immer mal wieder etwas Unvorhergesehenes passiert ist, das sich aus der Dynamik des Romans ergeben hat. Aber generell gehe ich mit einem ausgefeilten Plan an die Sache heran. Das hilft mir, die Herausforderung zu bewältigen – und Sinnkrisen in Zaum zu halten. Die gibt es natürlich trotzdem, vor allem, weil man so unglaublich viel Zeit in ein Buch steckt und nie weiß: Wird das ankommen, werden die Menschen die Botschaft überhaupt hören und verstehen? Oder wird alles umsonst gewesen sein und ins Leere gehen

„Das Licht ist hier viel heller“ ist bereits dein zweiter Roman. Was war für dich als Schreibende die größere Herausforderung? Das Erstlingswerk oder der Nachfolger?

Ich habe „Das Licht ist hier viel heller“ im Jahr 2017 geschrieben, also noch vor Erscheinen von „Dunkelgrün fast schwarz“. Meine Ausgangsidee war einzig die Überlegung: Was geschieht, wenn jemand Briefe erhält, die nicht für ihn bestimmt sind? Wenn er sie liest und sie etwas verändern in seinem Leben? Mehr als das hatte ich nicht. Maximilian Wenger war als Figur sehr schnell präsent, doch die Briefe haben erst durch das Zeitgeschehen Form angenommen: Tatsächlich ist das, was 2017 passiert ist – der globale Aufschrei, ausgehend von Hollywood –, in den Roman eingeflossen. Damit habe ich zuerst lange gehadert, weil das Thema heikel ist und ich Angst hatte, es anzufassen – aber als ich mich getraut habe, das zuzulassen, habe ich gemerkt: Jetzt wird es ein gutes Buch. In der Hinsicht war also das zweite Buch eine Herausforderung, weil ich mich erst dazu durchringen musste, über sexualisierte Gewalt zu schreiben. Was aber nicht heißt, dass der erste Roman mir leichter gefallen wäre: Er tut beim Lesen sehr weh. Das tat er auch beim Schreiben.

Mareike Fallwickl
Foto: © Gyöngyi Tasi

Als Autor*in ist man ja spätestens nach der Veröffentlichung dem kritischen Auge der Kritik ausgesetzt. Wie gehst du damit um, dass andere deine Werke bewerten?

Was könnte einer unbekannten Autorin Besseres passieren als ein gewisser Rummel und eine Buchpreis-Nominierung? Dass das Feuilleton dem Buch wenig würde abgewinnen können, war von vornherein klar, aber die Leser und die Buchhändler, die es in die Top 5 ihrer Lieblingsbücher 2018 gehoben haben, haben es geliebt, und das bedeutet mir viel. Oder anders gesagt: Es gab viel Kritik, viel Spott und Häme, aber ich war durch das positive Feedback sehr weich gebettet. Beide Romane haben bei den Menschen etwas ausgelöst, ich habe arg persönliche, schöne, gänsehautauslösende Nachrichten bekommen, dass die Leute angefangen haben, nachzudenken über ihre Grenzen und ihre Freundschaften, über Gleichberechtigung und Gewalt, und das ist das Beste, was ein Buch bewirken kann: dass sich etwas verändert, wenigstens im Kleinen.

Es heißt ja, man soll den Schreibenden und das Werk nicht miteinander verwechseln. Wir fragen trotzdem: Wie viel persönliches Erleben steckt in einem Roman von Mareike Fallwickl?

Ach. Ich hab mit diesen ganzen Figuren nichts zu tun. Ich sehe keine Farben wie Moritz, ich bin kein 55-jähriger Mann wie der Wenger. Alle Charaktere und Ereignisse sind komplett erfunden. Aber klar, das Menschsein an sich, das ist universell, das kann man nicht wegdenken, das schwingt immer mit: Wie es ist, enttäuscht zu werden. Zu scheitern. Sich zu verlieben. Sich in ein anderes Leben zu träumen. Persönliches Erleben steckt keins in den Romanen, aber das Menschsein steckt drin, und davon kann sich freilich kein Autor lösen.

Wie geht es denn weiter? Sitzt du schon wieder am nächsten Roman oder gibt es jetzt erst einmal eine schöpferische Pause?

Ich habe eine Idee. Oder eigentlich zwei. Und ich arbeite an besagtem Fahrplan, am Plot, am Skelett. Aber Geschriebenes gibt es noch nichts.

Du bist ja auch für das Salzburger Fenster als Kolumnistin tätig. Was magst du an dieser journalistischen Form des Schreibens?

Das Zuckergoscherl ist frech und witzig, sehr lebensnah. Mich sprechen viele Menschen auf der Straße oder bei Veranstaltungen auf die Kolumne an und sagen dann: „Es ist, als wärst du bei uns im Wohnzimmer gewesen! Endlich sagt es mal jemand, wie es ist!“ Das macht den Erfolg der Kolumne aus. Und die ist schon authentisch, also wenn man nach dem persönlichen Erleben von Mareike Fallwickl sucht, dann am besten dort.

Viele junge Menschen träumen (heimlich) davon, einmal einen Roman zu schreiben. Hast du Tipps für den Start?

Schreiben ist Handwerk, ist Arbeit – wie jeder andere Job auch. Ich bin für hinsetzen und machen. Nicht lang rumnudeln, einfach anfangen. Und dann üben, üben, üben. Man produziert unglaublich viel Schrott, man scheitert und scheitert. Das ist okay, das gehört dazu. Zehntausend Stunden, heißt es, muss man etwas machen, bis man es kann. Vielleicht dauert es nicht ganz so lang, aber Fakt ist: Wenn man schreiben will, muss man schreiben.

Abschließende Frage an die Salzburgerin Mareike Fallwickl: Dein ganz persönlicher Lieblingsplatz in oder um die Mozartstadt?

Außerhalb der Stadt mag ich am liebsten die Rumingmühle am Fuschlsee. In der Stadt sitz ich gern am Gnigler Friedhof, während meine Kinder im Zirkus trainieren. Da gibt’s einen kleinen Durchgang, da steht auf einer Lampe mit schwarzem Edding „Fuck“. Das lieb ich. Dieses „Fuck“ neben den Grabsteinen. Da denk ich jedes Mal: nicht reden, nicht wünschen, nicht träumen, sondern tun, bevor es zu spät ist – mich motiviert das. Weil irgendwann liegst du da unter der Erde, und dann geht nix mehr, dann ist wirklich Fuck.

Du liest im Jahr ungefähr 120 Bücher. Wie schaffst du das?

Ich lese gar nicht so viel, in Zeit gemessen, ich lese einfach nur unglaublich schnell – das Geheimnis liegt in der Geschwindigkeit. Aber ich lese mittlerweile seit 30 Jahren und beschäftige mich auch sonst nur mit Buchstaben, Worten, Sätzen – es wäre eher überraschend, wäre ich dabei nicht so geübt darin. Bei einem Tischler wundert sich ja auch niemand, dass der in seiner Freizeit ziemlich schnell ein ziemlich geiles Regal aus Holz bauen kann. Und vor allem: Das Geheimnis dahinter, dass man viele Bücher liest, ist ganz einfach, dass man liest. Weil man will. Weil es Spaß macht. Weil es fast wie atmen ist.


Titelbild: © Gyöngyi Tasi

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