Wir waren Engerl am Christkindlmarkt

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Wir haben uns am Salzburger Christkindlmarkt als Weihnachtsengerl beworben und sind losgeflogen ins Paradies der Zuckeräpfel, Sauerrahmkartoffeln und Mozartbrezen. Wie es uns beim Loseverkaufen ergangen ist, erfahrt ihr hier.

Die Aufgabenstellung schien nicht allzu schwierig und Lose für einen wohltätigen Verein zu verkaufen auch nicht schmierig. Da waren wir also: Studentinnen, chronisch pleite und deshalb bereit, uns in eine Priesterkutte mit goldener Bordüre zu schmeißen und mit Heiligenschein und Zähnefletschenlächeln zwischen den Buden hin und her zu schwirren. Das ehrgeizige Ziel: so schnell wie möglich so viel wie möglich an den Mann zu bringen.

Wem man als Engerl am Christkindlmarkt begegnet

Wen wir getroffen haben? Da gab es Touristen, die sich von glitzernden Weihnachtsbroschüren anturnen ließen, Feierabendtrinker, die saisonal bedingt von Bier auf Glühwein umgestiegen sind und Anti- Weihnachtsmarktler, die sich nur zufällig eines Heißgetränks wegen hierher verirrt haben. Hier eine Typologie des Christkindlmarkt-Besuchers aus Engerlsicht.

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Kategorie eins: Touristen, fremdsprachige

Meist unverkennbar an der professionellen Polarexpedition-Ausrüstung, bestehend aus Wollmütze, mit oder ohne Pommel, Handschuhe, Rollkragenpullover, Schal, je nach Nation Schijacke oder Pelzmantel, Moon Boots, Abweichungen möglich. Die anfängliche Neugierde, die sich oftmals durch die blitzende Kamera ausdrückt, verfliegt sehr bald. Der Wille, ein Los zu erwerben, gering.

Kategorie zwei: Schulklassen, Peergroups

Ja, ihr hängt noch an Mutters Rockzipfel und ja, ihr wollt euer Geld zum Saufen ausgeben. Deshalb macht man als Engelpromoter meistens einen Bogen um euch. Ist dies nicht möglich, lautet euer gängiges Gegenargument, ihr wollt euer Geld zum Saufen ausgeben.

Kategorie drei: Er und Sie

Hier fungieren wir als Datecrasher. Wir stören die Zweisamkeit, wir wollen Geld und gehen nicht einfach weg, wenn man uns den Rücken zudreht. Pärchenreaktionen verlaufen immer nach demselben Schema: Sie stehen sich nahe und schauen sich in die Augen, ein Lächeln kräuselt sich um die Münder, es riecht nach Kussreife. Ein Engel tritt hinzu. Meistens zückt der spendable Ritter jetzt sein Börserl um seiner holden Maid ein Los zu bescheren. Heißt es jedoch nein, hat man wenigstens die genugtuende Rache, gerade einen stimmungsvollen Augenblick ruiniert zu haben.

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Kategorie vier: Familie

Kinder sind schon deshalb willkommene Stammkunden im Engerlwirtschaftsrad, weil noch nie ein Kopfschütteln, sich Abwenden oder schlechter Witz die Antwort war. Das florierende Geschäft kann höchstens nur noch von den Erziehungsberechtigten eingebremst werden. Wird es aber meistens nicht. Kinder an die Macht.

Kategorie fünf: Senioren

Senioren  sind Menschen, die gestern schon so viel gespendet haben, dass heute ein weiterer Cent überflüssig wäre.

Die älteren Herrschaften tummeln sich am Weihnachtsmarkt bei den Hausmannskost-Standln. Seltsamerweise sind Senioren Menschen, die gestern immer schon so viel gespendet haben, sodass heute ein weiterer Cent überflüssig wäre. Oder sie sind Anhänger dubioser Verschwörungstheorien. Auf die Frage, ob er denn an dem Erwerb eines Loses interessiert sein, antwortete ein betagterer Herr einmal, dass er leider zu viel über die Pharmaindustrie wisse. Krebs könne bereits geheilt werden. Bitte weitersagen.

Kategorie sechs: Einzelgänger, verwirrte

Kreuzt ein Einzelgänger die Bahn, ruft das meistens gieriges Leuchten in den Augen hervor. Einzelne Personen sind dem Engerl schutzlos ausgeliefert. Und nach einem obligatorischen  Selfie mit Engel fühlt sich der Einzelgänger, und es ist tatsächlich überdurchschnittlich häufig ein Er, verpflichtet, ein Los zu kaufen.

Kategorie sieben: Betriebsausflug

Betriebsausflüge hören sich immer lustig an. Dem tristen Arbeitsplatz entflohen, betört durch nahöstlichen Weihrauch, geben die Kollegen und Kolleginnen ihr Bestes, spaßen und scherzen. Da wird man schon von weitem lautstark willkommen gerufen mit den Worten: „Hö, a Engerl!“ Der Promillestand scheint die scharfe Beobachtungsgabe nicht zu beeinflussen. Übrigens gehören hierher die meisten Anmachsprüche.

„Aber nur, wenn eine Nacht mit dir der Hauptgewinn ist.“

„Hat es weh getan?“ Verschmitztes Lächeln. Das Traurige daran ist, dass sie wirklich glauben, so kreativ und einzigartig zu sein. „Als ich vom Himmel gefallen bin? Nein, tat es nicht.“ Bam. Der Schlag ins Gesicht. Die Siegessicherheit bröckelt ab. Doch nicht so einmalig und aufsehenerregend zu sein, tut meist weh.

Aber als Engerl weiß man da gleich Profit daraus zu schlagen. So ein schlechter Spruch kostet nämlich mindestens zwei Euro, die mit einer Mischung aus gekränktem Ego und Widerwillen, sich seine Niederlage einzugestehen, aus den Tiefen der Hosentasche herausgekramt werden.

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Dann gibt es aber noch die harten Fälle. Nur weil man sich für ein paar Stunden darauf achtet, dass der Heiligenschein mal gerade sitzt, scheint man für so manche Glühweinschlürfende ein leichtes Opfer  zu sein. „Ja, aber du wartest dann oben auf mi?“ Und mit Klassiker Nummer Drei ist das Repertoire der Y-Chromosom-Träger dann auch schon komplett: „Aber nur, wenn eine Nacht mit dir der Hauptgewinn ist.“

Charmant können sie sein, die Mitte-40-Jährigen, zumeist mit der Ehefrau am Arm, die sich für ihren Gatten mit suchendem Blickkontakt und mädchenhaftem Grinsen zu entschuldigen versucht. Erwärmter Alkohol bringt den bezauberndsten Vater dazu, dem Engelchen ein oder drei Punsch zu spendieren. Dabei wäre sein Zweitältester schon eher im Beuteschema.

Last but not least hört man auch weniger erfreuliche Sprüche: „Des is aber ka schöns Engerl.“ Wenn man die Komplimente nicht zu schätzen weiß, hat man sowas vielleicht auch verdient.

Aber gut, der Dezember ist bekanntlich wirklich ein harter Monat. Geschenke, Punsch und Schokonikoläuse bezahlen sich nicht von selbst. Da wirft man auch schon mal seine moralischen Dogmen über Bord und ist bereit, seine Lose an jene Spezies Männer zu verkaufen, die gerne bei der Firmenweihnachtsfeier ihren Ring abstreifen oder jene, die auf einen After Work-Glühwein einladen zu versuchen.

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Kategorie: Konkurrenz, fliegende

Wenn verdächtig viele gleich ein bereits gekauftes Los zücken, ist es sehr wahrscheinlich, dass man gerade dicht auf den Fersen einer lieben Arbeitskollegin ist. Dabei hilft es nur, das Revier abzustecken. Dabei sind möglichst viele Punschstände in diesem von Vorteil. Dabei sollte man nicht vergessen: Je höher die Anzahl der Punschstände und Stehtische, desto geringer die benötigte Verkaufszeit, um sein vorgegebenes Pensum zu erfüllen. Bitch-Fight vorprogrammiert. Möge der beste Engel gewinnen. Insgeheim puscht die Engelei übrigens doch das Ego, Freundschaften werden mit gemeinsamen Zielen vor Augen geknüpft und das Bankkonto aufgefüllt. Alle Jahre wieder.

Hinter den Engerln vom Christkindlmarkt stecken übrigens unsere Redakteurinnen Anna und Veronika.

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